Aktuelles Lexikon:Daijosai

Es ist das letzte und zugleich geheimnisvollste und umstrittenste der verschiedenen Rituale, die Japans neuer Kaiser Naruhito nach der Abdankung seines Vaters absolvieren muss.

Von Thomas Hahn

Am Donnerstagabend hat Japans neuer Kaiser Naruhito in Tokio mit der letzten Zeremonie seiner Thronübernahme begonnen. Daijosai, das große Erntedankfest, ist das geheimnisvollste und umstrittenste der verschiedenen Rituale, die Naruhito seit der Abdankung seines Vaters Akihito Ende April ausführen musste. Es ist rein religiös. Es fordert den Kaiser in seiner Rolle als höchster Priester der Staatsreligion Shinto. Zum ersten Mal präsentiert er dabei der Sonnengöttin Amaterasu, von welcher die kaiserliche Familie dem Mythos nach abstammt, und anderen Gottheiten die Ernte. Er tut dies in einer Tempelanlage namens Daijokyu, die eigens für den Anlass auf einem 6500 Quadratmeter großen Areal innerhalb des Kaiserpalasts errichtet wurde. Das Ritual dauert die ganze Nacht und bleibt der Öffentlichkeit verborgen. Es geht auf das 7. Jahrhundert zurück und war in seiner Geschichte teilweise sehr bescheiden. In der Meiji-Ära (1868 bis 1912), in der Japan zur Großmacht wuchs, wurde es zu der aufwendigen Zeremonie, die sie im Grunde heute noch ist. Aus der Kaiserfamilie selbst kamen Bedenken, ob der Staat die Kosten für den Daijokyu tragen sollte, immerhin 2,44 Milliarden Yen (20 Millionen Euro). Zur Trennung von Staat und Religion, welche Japans Verfassung vorsieht, passt dieser Umstand jedenfalls nicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: