Aktuelles Lexikon:Bahnhofsmission

Vor 125 Jahren entstand die Hilfsinstitution für Reisende.

Von Matthias Drobinski

Bei den Berlinern hieß vor 125 Jahren der Schlesische Bahnhof "katholischer Bahnhof" - dort kamen die jungen Frauen und Männer aus dem katholischen Schlesien an, die in Berlin Arbeit suchten. Gerade die Frauen waren von Ausbeutung und sexueller Gewalt bedroht. Die "Freundinnen junger Mädchen" boten ihnen Hilfe an, katholische wie evangelische Frauen, aber auch aus der jüdischen Gemeinde. So entstand 1894 im heutigen Ostbahnhof die erste Bahnhofsmission, die sich um Reisende wie Gestrandete kümmerte; 1910 gründete sich die "Konferenz für kirchliche Bahnhofsmission" als eine der ersten ökumenischen Initiativen in Deutschland. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen die Soldaten von der Front in die Bahnhofsmissionen, in den Notjahren der Weimarer Republik gab es dort Essen für die Armen. Nach dem Ende des NS-Regimes wurden die 1939 verbotenen Missionen zu Anlaufstellen für Flüchtlinge, Vertriebene, Ausgebombte; in der DDR blieb allein die Station im Berliner Ostbahnhof bestehen. Heute kümmern sich 400 Haupt- und 2000 Ehrenamtliche in 104 Stationen um mehr als zwei Millionen Menschen pro Jahr. Zu diesen gehören alleinreisende Kinder, aber auch Einsame, die den Bahnhofstrubel suchen, sowie Obdachlose und psychisch Kranke, vorwiegend Männer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: