Aktuelles Lexikon:Antirassismus

Über wünschenswerte Gegnerschaft.

Von Nina von Hardenberg

Die griechische Vorsilbe "anti" bedeutet gegen. Sie verwandelt also ein Wort in sein Gegenteil. Laut Duden gibt sie also etwa an, dass die so bezeichnete Person, Idee oder Sache ganz anders ist, als das, was das Grundwort angibt - oder dass sie dessen Eigenschaften nicht enthält. Der Demokrat wird so zum Antidemokraten, der Held zum Antihelden, blockierende Reifen verhindert das Antiblockiersystem (ABS). "Sei nicht so anti" kriegt auch der alle elterlichen Vorschläge ablehnende Teenager zu hören. Solche Gegnerschaft aber ist mitunter wünschenswert, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Anti-Haltung nun geradezu beschworen. "Es reicht nicht aus, kein Rassist zu sein", sagte er in einer Diskussionsrunde zum Thema Gewalt gegen Schwarze und zu dem brutalen Polizeieinsatz in den USA, bei dem der Afroamerikaner George Floyd getötet worden war. "Wir müssen Antirassisten sein!" Er nimmt damit eine Forderung der Bewegung "Black Lives Matter" auf. Anti ist mehr als Verneinung, es ist Gegnerschaft. Und genau die wünscht sich der Bundespräsident im Umgang mit Rassismus, jener Ideologie, die Menschen aufgrund von äußeren Merkmalen wie Hautfarbe oder Abstammung bestimmten Rassen zuordnen will, sie geringschätzt und diskriminiert: Er will Gegenpositionen und Kritik.

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