Süddeutsche Zeitung

Annegret Kramp-Karrenbauer:Verrechnet

  • Annegret Kramp-Karrenbauer hat mit einer Aussage zur Schwarzen Null Zweifel an der Position ihrer Partei ausgelöst.
  • Offensichtlich hat die CDU-Vorsitzende Schwarze Null und Schuldenbremse verwechselt.
  • Auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung beteuert Kramp-Karrenbauer deshalb: "Natürlich halten wir an der Schwarzen Null als Prinzip fest."

Von Robert Roßmann, Berlin

Angela Merkel war am Dienstag zum Bürgerdialog in Stralsund. Die Kanzlerin sprach dort auch über ihre Nachfolgerin im CDU-Vorsitz und sagte dabei lächelnd den Satz, sie lese "jedes Wort von Annegret Kramp-Karrenbauer ganz genau". Ob das wirklich so ist, weiß man natürlich nicht - aber ratsam wäre es. Denn mit einer Aussage zur Schwarzen Null hat die CDU-Chefin jetzt ohne Not für ziemliche Verwirrung gesorgt.

Die Schwarze Null, also der Verzicht auf die Aufnahme neuer Schulden, ist eines der wichtigsten politischen Versprechen der CDU. Kritik daran ist in der Partei verpönt. Erst in der vergangenen Woche hatte die Union Forderungen aus der SPD, wegen der schlechten Wirtschaftsentwicklung und der nötigen Ausgaben für den Klimaschutz die Schwarze Null in Frage zu stellen, empört zurückgewiesen. "Die Haushälter der Unionsfraktion halten an der Schwarzen Null fest, sie steht für Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit", sagte damals der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Eckhardt Rehberg. Es sei "inakzeptabel, solide Finanzen und Klimaschutz gegeneinander auszuspielen".

Umso überraschender war eine Meldung, die n-tv am Donnerstag verbreitete. "Kramp-Karrenbauer bringt Abkehr von der 'Schwarzen Null' ins Spiel" berichtete der Sender unter Berufung auf ein Gespräch, das er mit der CDU-Chefin geführt hat. In diesem Gespräch sagt Kramp-Karrenbauer auf die Frage, wann der Punkt erreicht sei, an dem man die Schwarze Null zu den Akten legen könne: Man habe "in den vergangenen Jahren bewiesen, dass man solide haushalten kann mit einer Schwarzen Null und trotzdem auch gute wirtschaftliche Entwicklung haben kann. Wir haben zurzeit vor allen Dingen eine Herausforderung: Geld, das vorhanden ist, zu investieren". So weit, so reine CDU-Lehre. Doch dann sagt Kramp-Karrenbauer: "Darüber hinaus sieht auch die jetzige Regelung zu einer Schwarzen Null im Grundgesetz Ausnahmemöglichkeiten vor, etwa für den Fall einer Krise. Deswegen braucht man das Prinzip an sich nicht gleich zur Seite zu legen."

Ausnahmemöglichkeiten von der Schwarzen Null? Deutet die CDU-Chefin damit an, die Schwarze Null aufweichen zu wollen? Und warum der Bezug auf das Grundgesetz? In der Verfassung steht gar nichts von einer Schwarzen Null, diese ist lediglich eine politische Selbstvorgabe.

Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz, die Schwarze Null nicht

Offensichtlich hat Kramp-Karrenbauer in dem n-tv-Gespräch Schwarze Null und Schuldenbremse verwechselt. Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz. Und für diese Bremse gibt es tatsächlich Ausnahmemöglichkeiten. Aber sie ist eben nicht die Schwarze Null. Deren Vorgabe, keinesfalls neuen Schulden aufzunehmen, ist viel rigider als die Schuldenbremse, die dem Bund sogar in normalen Zeiten eine Neuverschuldung in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erlaubt. Das entspricht immerhin einem Betrag von etwa zwölf Milliarden Euro jährlich.

Und was sagt die CDU-Chefin selbst zu all dem? "Natürlich halten wir an der Schwarzen Null als Prinzip fest", beteuert Kramp-Karrenbauer auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung. Die Aufregung um die n-tv-Meldung war also unnötig. Und wenn die Parteichefin auf ihre Worte geachtet hätte, hätte es die Aufregung gar nicht erst gegeben.

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