Akif Pirinçci:Ich schäme mich, lieber Akif

Durch seinen Skandalauftritt bei Pegida hat Akif Pirinçci offenbar auch einen seiner engsten Mitstreiter verprellt: seinen Webmaster. Warum, erklärt dieser in einem vernichtenden Abschiedsbrief.

"Es gäbe natürlich andere Alternativen. Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb": Mit dieser Aussage markierte Akif Pirinçci den Tiefpunkt der unterirdischen Demonstration, mit der Pegida am Montagabend in Dresden den ersten Geburtstag beging. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den rechtspopulistischen Schriftsteller wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Pirinçcis Verlag zog seine Bücher aus dem Verkehr, selbst Pegida-Chef Lutz Bachmann entschuldigte sich für den Auftritt.

Nun hat Pirinçci offenbar auch einen seiner engsten Mitstreiter verprellt: den Webmaster seines Blogs "Der kleine Akif".

Auf dem Blog, der am Dienstagabend zwischenzeitlich offline war, wurde ein offener Brief veröffentlicht, der einer Abrechnung gleicht. Unterschrieben ist der Text mit "Dein Webmaster Torsten". Wer dieser Torsten ist, ist unklar. Dem Deutschlandfunk zufolge, der mit Torsten gesprochen habe, handelt es sich tatsächlich um den Webmaster, einen 45-jährigen Mann, der bisher Pirinçcis Blog betreute. Seinen Nachnamen möchte er nicht nennen.

"Von der Scham" hat Webmaster Torsten seinen Brief überschrieben. Bebildert hat er ihn mit dem berühmten, 1992 in Rostock-Lichtenhagen entstandenen Foto eines Mannes, der ein Deutschland-Trikot trägt, sich eingenässt hat und den rechten Arm zum Hitlergruß hebt. Torsten spricht von der Scham, die "wir Deutsche, vielleicht wie kein anderes Volk auf der Welt empfinden, und sei es nur unbewußt". Sie gründe sich auf die Verbrechen, die Deutsche in der Zeit des Nationalsozialismus begingen: darauf "nicht rechtzeitig aufgestanden zu sein", "weggeschaut zu haben", "die Welt in einen unvorstellbaren Vernichtungskrieg geführt zu haben".

Diese Scham, schreibt Torsten, sei ein Gefühl, "welches du, lieber Akif, leider nicht nachempfinden kannst". Also auch nicht jene, "den Heimkehrenden, geflüchteten Landsleuten aus den vom Feind besetzten Gebieten Vertriebenen die kalte Schulter gezeigt zu haben und sie so behandelten, wie deinesgleichen wünschten, wir würden die Flüchtlinge der Gegenwart noch heute behandeln".

"Ich schäme mich, dir behilflich gewesen zu sein"

Zunächst, schreibt Torsten, habe Pirinçci ihn gerade deshalb fasziniert, weil diesem jene Scham fremd sei. "In einem traurigen Akt um sich greifender gesellschaftlicher Verwerfungen", die diesem "uns eingeborenen Deutschen tief zu Grunde liegendem Gefühl geschuldet" seien, habe er in dem Schriftsteller ein "Fünkchen erheiternder Komödie" erblickt. "Wo andere dich anmaßend und verleumderisch, ja, manche sogar hetzerisch und islamophobisch hielten (sic), hielt ich dich für amüsant und manchmal sogar klug."

Damit sei es vorbei. Nun schäme Torsten sich. "Ich schäme mich nicht nur fremd, für dich, Freund Akif. Ich schäme mich für mich. Dafür, dir bei der Errichtung deiner Plattform zur Verbreitung deines Unsinns behilflich gewesen zu sein". Der Brief endet mit einem PS: "Du wirst dir wohl einen neuen Webmaster suchen müssen."

Warum sich Facebook mit dem Löschen von rechter Hetze so schwer tut, im Fall von Akif Pirinçci aber durchgriff, lesen Sie mit SZ Plus:

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