Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz:"Bis zum Dach" unter Wasser

Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz: Juli 2021: im rheinland-pfälzischen Altenahr-Kreuzberg türmen sich nach der Flutkatastrophe meterhoch Wohnwagen, Gastanks, Bäume und Schrott an einer Brücke über der Ahr.

Juli 2021: im rheinland-pfälzischen Altenahr-Kreuzberg türmen sich nach der Flutkatastrophe meterhoch Wohnwagen, Gastanks, Bäume und Schrott an einer Brücke über der Ahr.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Im rheinland-pfälzischen Innenministerium ging noch in der Flutnacht ein Lagebericht der Polizei ein, der das Ausmaß der Katastrophe beschreibt. Aber dem Minister Roger Lewentz habe der nicht vorgelegen.

Von Gianna Niewel, Frankfurt

Nachdem in der vergangenen Woche bereits Videos aus einem Polizeihubschrauber öffentlich wurden, die das Ausmaß der Flutkatastrophe im Ahrtal zeigen, ist jetzt ein Bericht der Piloten aufgetaucht, der noch in der Nacht ans Lagezentrum des Innenministerium geschickt wurde. Das Ministerium bestätigt, dass der Bericht um 0.53 Uhr dort eingegangen ist - Innenminister Roger Lewentz (SPD) habe er aber nicht vorgelegen.

Nur: Warum nicht?

Das Lagezentrum des rheinland-pfälzischen Innenministeriums hatte den Polizeihubschrauber am Abend der Flut zum Flug aufgefordert. Das hatte ein Beamter im Untersuchungsausschuss ausgesagt. Der Hubschrauber flog zwischen 22.14 Uhr und 22.42 Uhr flussaufwärts. In dem Bericht, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, schreiben die Piloten, dass es von der Flussmündung der Ahr bei Sinzig bis zum Ort Schuld zu einem Hochwasser mit "dramatischen Auswirkungen" gekommen sei. "Zahlreiche Häuser" stünden "bis zum Dach" unter Wasser. Menschen würden mit Taschenlampen "SOS"-Signale senden. Den Feuerwehren sei es nicht mehr möglich, aufgrund der "starken Strömung" die gefluteten Häuser anzusteuern.

Der Ausschuss forderte schon im Februar alle Dokumente an

Wie die Allgemeine Zeitung schreibt, sei der Lagebericht "erst vor wenigen Tagen" in die Beweisakten des Untersuchungsausschusses eingegangen - und das, obwohl der Ausschuss schon im Februar alle Dokumente zum Komplex "Lagebild" angefordert hatte. Damals hätten entweder das Ministerium oder die Hubschrauberstaffel den Bericht dem Ausschuss zukommen lassen müssen.

Aus dem Innenministerium heißt es auf Anfrage, der Kenntnisstand des Ministers zum damaligen Zeitpunkt sei "breit öffentlich bekannt". Roger Lewentz hatte immer gesagt, dass ihm in der Nacht "kein vollständiges Lagebild" vorgelegen habe, er sei von einem "punktuellen Hochwasser" ausgegangen. Wieso er den Bericht offenbar nicht gelesen hat, obwohl er im Lagezentrum seines Ministeriums eingegangen ist, blieb offen.

Lewentz steht schon seit Tagen massiv unter Druck, auch wegen der Hubschraubervideos, die ebenfalls erst vor Kurzem in den Beweisakten des Untersuchungsausschusses aufgetaucht sind. Der Grund hierfür soll ein Dokumentationsfehler bei der Polizei gewesen sein. Der Obmann der CDU-Fraktion im Ausschuss spricht von einem "ungeheuerlichen Skandal".

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