Süddeutsche Zeitung

Afrika:Raus aus Burundi, rein nach Burundi

Die EU fliegt wegen der Gewalt in dem Land ihre Mitarbeiter aus. Die Vereinten Nationen wollen gleichzeitig Soldaten dorthin schicken.

Von Isabel Pfaff

Die Vereinten Nationen haben den Druck auf das Regime in Burundi deutlich erhöht. Am Donnerstagabend verabschiedeten die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats einstimmig eine Resolution, in der sie die Tötungen und Folterungen in dem ostafrikanischen Kleinstaat verurteilen, ein sofortiges Ende der Gewalt fordern und allen mit Sanktionen drohen, die dem Frieden im Weg stehen.

Seit April wird Burundi von Protesten und Kämpfen erschüttert, Auslöser war die Ankündigung von Präsident Pierre Nkurunziza, sich ein drittes Mal zur Wahl zu stellen, obwohl die Verfassung nur zwei Mandate erlaubt. Inzwischen ist Nkurunziza in einer umstrittenen Wahl bestätigt worden. Die Proteste dauern jedoch an, und Burundi versinkt immer weiter in Gewalt. Die Regierung geht gewaltsam gegen die Opposition vor, nach UN-Angaben wurden inzwischen mindestens 240 mutmaßliche Oppositionelle getötet. Auch auf Regierungspolitiker gab es mehrere Attentate.

In den vergangenen Wochen haben sich die Übergriffe und insbesondere die Rhetorik der burundischen Regierung gegenüber ihren Gegnern so verschärft, dass unter internationalen Beobachtern die Sorge wächst, es könnte in Burundi zu einem ähnlichen Massaker wie im benachbarten Ruanda 1994 kommen. Bereits mehr als 200 000 Menschen sind aus Burundi geflüchtet. Auch die EU hat begonnen, Angehörige von Mitarbeitern auszufliegen; Belgien fordert seine Staatsangehörigen ebenfalls zur Ausreise auf.

Der UN-Sicherheitsrat hat Generalsekretär Ban Ki Moon beauftragt, binnen 15 Tagen Vorschläge vorzulegen, wie die Präsenz der Vereinten Nationen in Burundi künftig aussehen könnte. Aus UN-Kreisen ist zu hören, dass vielleicht Blauhelmsoldaten der Friedensmission im benachbarten Kongo (Monusco) nach Burundi entsandt werden könnten. Die Monusco ist mit 20 000 Soldaten die größte UN-Mission aller Zeiten. Ein solcher Einsatz würde jedoch die Zustimmung der burundischen Regierung erfordern - was Beobachter ausschließen - oder einen Beschluss des Sicherheitsrats nach Kapitel VII. Dafür müssten aber alle Vetomächte im Sicherheitsrat zustimmen; eine Bedingung, die schon in der Vergangenheit oft am Widerstand von Russland oder China scheiterte. In UN-Kreisen hieß es, dass auch Friedenstruppen der Afrikanischen Union denkbar seien.

Dass die Zeit knapp wird, haben am Donnerstag fünf Menschenrechtsorganisationen in einem gemeinsamen Appell deutlich gemacht, unter ihnen Amnesty International und die International Crisis Group: "Burundi steht am Abgrund", schreiben sie, die UN müssten gezielte Sanktionen verhängen und die internationale Präsenz in dem Land zusammen mit Menschenrechtlern und der Afrikanischen Union verstärken - "bevor es zu spät ist".

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Quelle:
SZ vom 14.11.2015
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