Afghanistan:Verschenkt

Zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt will Trump aus innenpolitischen Gründen US-Truppen abziehen.

Von Tobias Matern

Donald Trump will den längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte beenden. Er plant, die Hälfte der amerikanischen Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. Das Signal für die Heimatfront: Bald ist der Spuk am Hindukusch vorbei. Einen unpassenderen Moment hätte der Präsident kaum wählen können. 17 Jahre nach dem Einmarsch der westlichen Truppen befindet sich der Konflikt in einem Patt, können die von ausländischen Truppen unterstützten afghanischen Sicherheitskräfte nur mit Müh und Not die Taliban aus Kabul fernhalten. In fast der Hälfte des Landes hat die Regierung schon jetzt keinen Zugriff mehr. Und Trump? Verschärft die Gefahr.

Gerade erst zeigen die Islamisten Bereitschaft, an einem Tisch mit amerikanischen Diplomaten über Nachkriegsszenarien zu diskutieren. Jetzt aber verhält sich Trump wie ein naiver Kartenspieler, der sein Blatt freimütig offenlegt und seinen Kontrahenten zu verstehen gibt: Die Hälfte meiner Trümpfe schenke ich euch gleich.

Nur durch den militärischen Druck und die Beharrlichkeit des westlichen Einsatzes haben sich die Islamisten überhaupt zu Vorverhandlungen bewegen lassen. Wenn Trump nun seine Soldaten heimholt, um zu Hause Punkte zu sammeln, werden darunter vor allem die Afghanen leiden, die erleben müssen, wie die Taliban die Bedingungen für einen Frieden in ihrem Land einseitig diktieren können. Aber nicht nur das: Der längste US-Einsatz aller Zeiten droht als "gescheiterte Mission" in den Geschichtsbüchern zu landen.

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