Afghanistan:USA machen Jagd auf Drogenbarone

Das US-Militär erstellt eine Liste mit 50 Rauschgifthändlern, die getötet werden dürfen. Sie gelten als Finanziers der Taliban.

Paul-Anton Krüger

Die US-Streitkräfte gehen in Afghanistan gezielt mit militärischer Gewalt gegen Drogenbarone vor, die Aufständische unterstützen oder die Taliban finanzieren. Das Militär habe etwa 50 Afghanen auf eine Liste mit Zielen gesetzt, die ohne Einschränkungen angegriffen werden dürfen, berichtete die New York Times am Montag unter Berufung auf Aussagen zweier Generäle.

Afghanistan: Drogen werden in Kabul verbrannt. Die US-Streitkräfte gehen jetzt auch gezielt mit militärischer Gewalt gegen Drogenbarone vor.

Drogen werden in Kabul verbrannt. Die US-Streitkräfte gehen jetzt auch gezielt mit militärischer Gewalt gegen Drogenbarone vor.

(Foto: Foto: dpa)

Diese werden in einem Bericht des Auswärtigen Ausschusses im Senat zitiert, der diese Woche veröffentlicht werden soll und dem Blatt vorlag. Danach können die Drogenbosse getötet werden, sie können aber auch gefangen genommen und an die Justiz überstellt werden. Das Verteidigungsministerium in Washington nahm nicht direkt Stellung zu dem Bericht.

Das Vorgehen ist Teil der neuen US-Strategie im Kampf gegen den Opiumanbau und Drogenhandel, die den Taliban zwischen 70 und 90 Millionen Dollar pro Jahr einbringen und als ihre wichtigste Geldquelle gelten. Die Drogenbosse werden damit den Anführern der Taliban gleichgesetzt. Nach Angaben der Generäle gibt es insgesamt 367 derartige Zielpersonen.

Ihre Namen sind auf einer geheimen Liste enthalten, die nach Prioritäten sortiert militärische Ziele aller Art umfasst. Unklar ist, ob diese den Nato-Staaten zugänglich ist, die an dem von der Allianz geführten Isaf-Einsatz teilnehmen. Für die Aufnahme auf die Liste seien mindestens zwei glaubhafte Quellen und weitere Beweise für eine Unterstützung der Taliban erforderlich, sagten die namentlich nicht genannten Generäle, die in Afghanistan im Einsatz sind.

Nato-Sprecher James Appathurai sagte, Drogenbosse oder Labors seien auch "unter den Einsatzregeln der Isaf legitime Ziele", wenn ein Zusammenhang mit den Taliban nachgewiesen sei. Das erfordere Erkenntnisse der Geheimdienste, welche Voraussetzungen im Detail erfüllt sein müssen, sei jedoch geheim. Im Januar hatte der damalige Nato-Oberbefehlshaber, General Bantz Craddock, solche Beweise für entbehrlich erklärt und damit einen heftigen Streit in der Nato ausgelöst.

Bundeswehr hat kein Mandat zur Drogenbekämpfung

Er konnte sich letztlich aber nicht durchsetzen. Angriffe auf Drogenhändler mit nachgewiesenen Verbindungen zu den Taliban hatten die Nato-Verteidigungsminister schon im Oktober 2008 einstimmig gebilligt. Ob die am Isaf-Einsatz beteiligten Länder davon Gebrauch machen, steht in ihrem Ermessen. Die Bundeswehr hat kein Mandat zur Drogenbekämpfung, und die Bundesregierung lehnt eine Beteiligung ab, ähnlich wie Frankreich, Italien und Spanien.

Der Bericht dürfte die Debatte in der Nato über die Strategie im Kampf gegen den Drogenanbau neu anfachen. Das Unterhaus in London hatte jüngst in einem Bericht gefordert, die britischen Truppen sollten den Kampf gegen den Drogenanbau aufgeben, obwohl Großbritannien dafür die Führungsrolle übernommen hat.

Die US-Regierung sieht dagegen einen zentralen Bestandteil ihrer Afghanistan-Strategie darin. Sie verzichtet darauf, Mohnfelder durch Sprühaktionen aus der Luft zu vernichten und setzt darauf, Bauern mit Finanzhilfen vom Opiumanbau abzubringen. In Afghanistan wird der Ausgangsstoff für mehr als 90 Prozent des weltweit hergestellten Heroins produziert.

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