In Afghanistan hat die große Ratsversammlung die umstrittene Freilassung inhaftierter Taliban empfohlen. Darauf einigten sich die Delegierten der Abschlusserklärung zufolge am Sonntag. Die Freilassung von 400 als besonders gefährlich eingestuften Taliban galt als letzte Hürde vor innerafghanischen Friedensgesprächen.
Präsident Aschraf Ghani hatte die sogenannte Loja Dschirga vor rund einer Woche einberufen, nachdem sich Taliban und Regierung für das islamische Opferfest Eid al-Adha auf eine dreitägige Waffenruhe verständigt hatten. Etwa 3400 politische und religiöse Vertreter der Gesellschaft - darunter auch etwa 700 Frauen - diskutierten seit Freitag über diese zentrale Frage der Gefangenenfreilassung. In 50 Gremien erarbeiteten die Delegierten einen Beschluss, der zudem einen bedingungslosen Waffenstillstand fordert.

Afghanistan:Eine Feuerpause ist noch kein Frieden
Das Land erlebt ein relativ ruhiges Opferfest, doch viele Menschen befürchten, dass es so nicht bleiben wird.
Präsident Ghani lobte die Delegierten für ihre Entscheidung. Er rief die Taliban auf, den Kampf einzustellen.
Der politische Sprecher der Taliban, Suhail Schaheen, nannte die Entscheidung der Loja Dschirga einen "positiven Schritt". Die Verhandlungen könnten innerhalb einer Woche nach Freilassung der Gefangenen beginnen, sagte er. Mit Blick auf eine Waffenruhe sagte Schaheen, die Taliban seien dem mit den USA ausgehandelten Abkommen verpflichtet. Demnach werde die Waffenruhe einer der ersten Punkte sein, über die bei den innerafghanischen Verhandlungen gesprochen werde. Diese finden voraussichtlich im Golfstaat Katar statt, wo die Taliban ein politisches Büro unterhalten.
Die Einberufung der Ratsversammlung war nicht unumstritten. Experten gingen davon aus, dass Präsident Ghani diese unbeliebte Entscheidung nicht selbst treffen wollte. Afghanistans Parlamentssprecher Rahman Rahmani bemängelte zudem, dass die Veranstaltung einer Loja Dschirga nicht durch afghanisches Recht gedeckt sei. Parlamentarier fühlten sich hintergangen und bezeichneten die Versammlung gar als illegal. Ghani begehe mit der Freilassung Verfassungsbruch, kritisierten sie.
Die Gefangenenfreilassung war Teil eines im Februar unterzeichneten Abkommens zwischen den USA und den Taliban, das ein Ende des jahrzehntelangen Konflikts in Afghanistan und einen Abzug der US-Truppen ermöglichen sollte. Es sah vor, dass die Regierung als Zeichen des guten Willens 5000 Taliban aus Gefängnissen und die Taliban 1000 Regierungsmitarbeiter und Militärangehörige freilassen sollten.
USA wollen Truppen in Afghanistan schon bis Ende November reduzieren
Die Taliban haben die 1000 Gefangenen bereits frei gelassen. Auch die Regierung hat die meisten inhaftierten islamistischen Kämpfer frei gelassen, aber Präsident Aschraf Ghani benötigte nach eigenen Angaben die Zustimmung der Loja Dschirga für die Freilassung der restlichen 400.
Die USA wollen ihre Truppenstärke in Afghanistan bis Ende November auf unter 5000 reduzieren. Das sagte Verteidigungsminister Mark Esper am Samstag in einem Interview mit dem Sender Fox News. Die USA haben momentan etwa 8600 Soldaten in dem Bürgerkriegsland, in dem die radikal-islamischen Taliban immer wieder Anschläge verüben. US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt bereits gesagt, die Truppenstärke auf etwa 4000 drücken zu wollen.