Afghanistan:Soldat hält seinem Kameraden Waffe an den Kopf

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In der Einheit, in der ein Soldat durch die Kugel eines Kameraden starb, gerät ein Streit zweier Soldaten völlig außer Kontrolle. Politiker fürchten, dass die Truppe den "Respekt vor der Waffe" verliert.

P. Blechschmidt

In Afghanistan ist es erneut zu einem Zwischenfall durch vorschriftswidrigen Umgang mit Waffen gekommen. Wie am Montag bekannt wurde, hat ein Soldat mit Mannschaftsdienstgrad einem Kameraden eine geladene Pistole an den Kopf gehalten. Dieser konnte die Waffe beiseiteschlagen. Ein Schuss löste sich nicht, verletzt wurde niemand.

Geht der Respekt vor der Waffe in der Truppe verloren, wie es Verteidigungspolitiker fürchten? In Afghanistan hielt ein Soldat seinem Kameraden eine geladene Pistole an den Kopf - in derselben Einheit, in der im Dezember ein Soldat durch die Kugel eines Kameraden starb. (Foto: dapd)

Von Bedeutung ist der Vorfall deshalb, weil er dieselbe Einheit betraf, in der am 17. Dezember ein Soldat durch den Schuss aus der Waffe eines Kameraden getötet worden war. Deshalb sah sich das Verteidigungsministerium am Montag auch veranlasst, die Obleute der Fraktionen im Verteidigungsausschuss des Bundestags frühzeitig und von sich aus über den Zwischenfall zu unterrichten.

Nach dem tödlichen Schuss in einem Zelt des Außenpostens OP North nördlich von Baghlan, von dem aus das in Masar-i-Scharif stationierte Ausbildungs- und Schutzbataillon (ASB) operiert, hatten sich die Parlamentarier über unzureichende Informationen aus dem Ministerium beklagt. Insbesondere war kritisiert worden, dass das Ministerium nicht mitgeteilt hatte, dass zumindest ein Zeuge ausgesagt hatte, die Soldaten hätten sich gegenseitig Waffen "vor die Nase" gehalten.

Angesichts des Vorfalls vom 17. Dezember äußerten Politiker und Offiziere am Montag Unverständnis über den neuen Zwischenfall. Nach den vorliegenden Informationen waren am Freitag voriger Woche in einem Transportfahrzeug des Typs Dingo auf einer Patrouillenfahrt außerhalb des OP North zwei Soldaten der 2. Kompanie des ASB in Streit geraten.

"Von Einzelfällen kann keine Rede mehr sein"

Der Grund war am Montag noch nicht bekannt, es soll sich um eine persönliche Auseinandersetzung gehandelt haben. Im Verlauf des Streits zog ein Stabsgefreiter die Pistole eines Hauptgefreiten aus dessen Halfter und hielt sie dem Kameraden an den Kopf. Dem Soldaten droht nun die Rückführung in die Heimat und schlimmstenfalls die Entlassung aus der Bundeswehr.

Der Links-Abgeordnete Paul Schäfer sagte der Süddeutschen Zeitung, es könne wohl kaum noch die Rede davon sein, dass der Todesschuss vom 17. Dezember ein Einzelfall sei. Hier stelle sich die Frage nach Ausbildung und Führung der Soldaten - unabhängig davon, dass man am besten den Einsatz in Afghanistan ganz beenden würde. Dann würde sich das Problem gar nicht stellen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Rainer Arnold sagte, er sehe sich in seiner Sorge bestätigt, dass die Hemmschwelle im Umgang mit Waffen sinke. Man müsse schon genau hinsehen, wie sich junge Menschen Anfang 20 im Einsatz veränderten und ob sie unter dem Druck des Kämpfenmüssens ihre innere Stabilität wahren könnten. An die Adresse von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte Arnold, der Minister täte gut daran, stärker auf erfahrene Abgeordnete zu hören und deren Mahnungen nicht als unbegründete Behauptungen abzutun.

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus hatte in der vorigen Woche davor gewarnt, durch den ständigen Umgang im Einsatz könne der "Respekt vor der Waffe" verlorengehen.

© SZ vom 01.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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