Afghanistan:Sehr sehr geringe Wahlbeteiligung

Afghanistan: Sehr schlechte Wahlbeteiligung in Afganistan: Ein Kind mit einer Burka verschleierten Frau in Kabul.

Sehr schlechte Wahlbeteiligung in Afganistan: Ein Kind mit einer Burka verschleierten Frau in Kabul.

(Foto: Sajjad Hussain/AFP)

Das wird kein starkes neues Mandat für Präsident Aschraf Ghani: Nur etwa 20 Prozent der Afghanen geben bei der Präsidentenwahl ihre Stimme ab.

Von Paul-Anton Krüger

Voll des Dankes wandte sich Afghanistans Präsident Aschraf Ghani an seine Landsleute. "Mit Ihrer Teilnahme an den Wahlen ist unsere neue Demokratie gestärkt worden", sagte er am Samstag in einer Fernsehansprache, nachdem die Wahllokale geschlossen hatten.

Die befürchteten großen Anschläge sind ausgeblieben. Landesweit wurden kleinere Attacken der Taliban gemeldet, bei denen nach offiziellen Angaben drei Menschen starben. Allerdings berichtete die New York Times von 30 getöteten Sicherheitsleuten und zehn Zivilisten. Obwohl die Regierung 100 000 Soldaten und Polizisten aufbot, um die Abstimmung über den künftigen Staatschef zu sichern, gingen viele Afghanen nicht zur Wahl. Laut vorläufigen Statistiken der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) machten nur etwa zwei Millionen der 9,6 Millionen registrierten Wähler von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Ein starkes neues Mandat, wie es sich Ghani erhofft hatte, ließe sich bei einer Beteiligung von nur etwa 20 Prozent kaum aus der Wahl ableiten.

Anders als bei der chaotischen Parlamentswahl im Oktober 2018 öffneten die meisten Wahllokale pünktlich, die Wahlhelfer erschienen und auch Wahlzettel, Urnen und Wählerlisten waren vor Ort, wie Wahlbeobachter berichteten.

Allerdings gab es erhebliche Probleme bei der biometrischen Erfassung der Wähler, die Betrug in großem Umfang vorbeugen sollte, wie es ihn bei Wahlen in dem Land immer wieder gebeben hatte. Viele Menschen seien in den Wählerlisten nicht verzeichnet gewesen und hätten ihre Stimme daher nicht abgeben können. An der Präsidentenwahl 2014 hatten sich noch sieben Millionen Afghanen beteiligt; etwa 13,5 Millionen hätten sich nach Schätzungen diesmal registrieren lassen können.

Mehr Tote durch Angriffe der Armee und US-Luftschläge als durch die Taliban

Die Stichwahl damals war von so vielen Unregelmäßigkeiten geprägt, dass die USA die beiden Kontrahenten zu einer Teilung der Macht drängten. Ghani, der in der ersten Runde noch hinter seinem Herausforderer Abdullah Abdullah gelegen hatte, nahm für sich den Sieg in Anspruch und wurde Präsident.

Während nach der afghanischen Verfassung das Staatsoberhaupt auch die Regierung leitet, wurde Abdullah zu deren Geschäftsführer gemacht, ähnlich einem Premierminister. Die beiden galten auch bei der Wahl am Samstag als Favoriten unter den 18 Kandidaten, von denen fünf bereits vor der Abstimmung ihre Bewerbung zurückgezogen hatten. Vorläufige Resultate will die Wahlkommission bis Mitte Oktober vorlegen, das Ergebnis soll am 7. November feststehen. Erreicht keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit, kommt es zu einer Stichwahl.

Die Abstimmung wurde abgehalten nur drei Wochen nachdem US-Präsident Donald Trump abrupt die bereits weit fortgeschrittenen Friedensgespräche mit den radikalislamischen Taliban abgebrochen hatte. Trump wollte ein Gipfeltreffen mit Vertretern der als terroristisch eingestuften Gruppe und auch Präsident Ghani in Camp David organisieren, sagte die Zusammenkunft aber ab, nachdem die Taliban bei einem Anschlag auch einen US-Soldaten getötet hatten. Trump will einen Abzug der derzeit noch 14 000 US-Soldaten aus Afghanistan erreichen und fordert dafür im Gegenzug Garantien der Taliban, dass al-Qaida und andere Terrorgruppen dort keinen Unterschlupf mehr finden.

Die Verhandlungen in der katarischen Hauptstadt Doha gingen mit einer deutlichen Eskalation der Gewalt einher. Inzwischen wird wieder in 22 von 34 Provinzen gekämpft. Viele Zivilisten fallen Anschlägen der Taliban zum Opfer, noch mehr starben allerdings laut den UN in der ersten Jahreshälfte durch Angriffe der afghanischen Armee und Luftschläge der USA. Offen ist, ob die Gespräche zwischen den USA und den Taliban wieder aufgenommen werden, und ob Amerika künftig, wie Ghani es fordert, die afghanische Regierung darin einbezieht.

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