Afghanistan-Konferenz in London:"Ein wirklicher Neuanfang"

Der Westen will ein Scheitern in Afghanistan unbedingt verhindern - und sagt Präsident Karsai mehr Truppen und mehr Geld zu. Außenminister Westerwelle spricht von einem Wendepunkt.

Daniel Brössler

Mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung will der Westen nach vielen Rückschlägen ein Scheitern in Afghanistan verhindern. Die USA, Großbritannien, Deutschland und weitere Staaten sagten auf der Afghanistan-Konferenz in London Truppenverstärkung und mehr Finanzhilfe zu. Außenminister Guido Westerwelle sprach von einem Wendepunkt. Afghanistans Präsident Hamid Karsai versprach, sein Land werde in fünf Jahren selbst für Sicherheit sorgen.

Afghanistan; AP

Ein Blumenverkäufer blickt auf Kabul. Der Westen verspricht eine Wende am Hindukusch.

(Foto: Foto: AP)

300.000 Sicherheitskräfte

Die knapp 70 in London vertretenen Staaten verständigten sich darauf, Armee, Polizei und Regierung in Afghanistan zu stärken. Dies soll ermöglichen, dass sich die nun zunächst aufgestockten ausländischen Truppen schrittweise zurückziehen können. Durch verstärkte Ausbildung solle die Zahl afghanischer Sicherheitskräfte bis Oktober 2011 auf 300.000 ansteigen, kündigte Großbritanniens Premier Gordon Brown an. Zurzeit sind es etwa 180.000.

Der Kommandeur der internationalen Schutztruppe Isaf, Stanley McChrystal, äußerte laut Teilnehmern die Hoffnung, die Sicherheitslage werde sich schon in diesem September verbessern. Brown versicherte: "Wir haben eine klare Strategie." Das Ziel sei eine "Afghanisierung".

Der in London besprochene Fahrplan sieht vor, dass in einzelnen Provinzen noch in diesem Jahr die Sicherheitsverantwortung auf die afghanische Seite übergeht, 2011 soll der Abzug der Truppen der internationalen Gemeinschaft beginnen.

Karsai versicherte, die Afghanen wollten ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen: "Wir bewegen uns langsam, aber sicher auf das Endziel Frieden und Sicherheit zu." Er appellierte an die Staatengemeinschaft, mindestens die Hälfte ihrer Finanzhilfe direkt der afghanischen Regierung zukommen zu lassen. Bisher liefen 80 Prozent des Geldes am afghanischen Haushalt vorbei.

Westen will Regierung in die Pflicht nehmen

Neben der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte sollen sich die Bemühungen auf die innerafghanische Aussöhnung konzentrieren. Vereinbart wurde ein voraussichtlich mit 350 Millionen Euro ausgestatteter Fonds, der aussteigewilligen Aufständischen die Wiedereingliederung ermöglichen soll. Deutschland will sich mit 50 Millionen Euro daran beteiligen. Der Fonds soll nicht von der afghanischen Regierung verwaltet werden, sondern unter internationaler Aufsicht stehen. Die Abschlusserklärung der Londoner Konferenz enthält dazu allerdings keine konkreten Festlegungen.

Die westlichen Staaten kündigten an, die afghanische Führung deutlich stärker in die Pflicht nehmen zu wollen. Sie begrüßten die Zusagen Karsais. "Wir werden Präsident Karsai beim Wort nehmen", sagte Außenminister Westerwelle. US-Außenministerin Hillary Clinton nannte neben der Wiedereingliederung Aufständischer "gute Regierungsführung" als Priorität der internationalen Gemeinschaft. Dazu gehöre auch der Schutz der Rechte von Frauen.

Westerwelle stellte in London die Zusagen vor, auf die sich die Bundesregierung verständigt hatte. So sollen die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit von 220 Millionen Euro pro Jahr auf 430 Millionen verdoppelt werden. Außerdem will Berlin die maximale Truppenstärke um 850 Soldaten auf 5350 erhöhen. Die Bundeswehr soll sich künftig stärker auf Ausbildung konzentrieren. "Das ist hier in London ein wirklicher Neuanfang", sagte Westerwelle, "und wir Deutsche können mit Fug und Recht sagen, dass wir einen Beitrag geleistet haben." Neuer Afghanistan-Sondergesandter von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wird der schwedische Diplomat Staffan de Mistura.

Im Video: Die Londoner Afghanistan-Konferenz soll nach den Worten von Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Wende in den internationalen Bemühungen um das Land bringen.

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