Afghanistan:Karsai droht mit Veto gegen Nato-Offensive

Der afghanische Präsident Hamid Karsai will sich bei der Bevölkerung beliebt machen - und droht mit einer Blockade der Anti-Taliban-Offensive in Kandahar.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat sein Veto für die geplante Nato-Offensive in der umkämpften Region Kandahar angedroht. Sollte die geplante Operation nicht von der örtlichen Bevölkerung unterstützt werden, werde er das Vorhaben blockieren, sagte Karsai am Sonntag vor etwa 1500 Stammesältesten bei einem Treffen in der Stadt Kandahar.

Karsai sagte zudem auf dem Treffen, Afghanistan werde zur Ruhe kommen, wenn die Bürger daran glaubten, dass ihr Präsident unabhängig sei - und keine "Marionette". Die Mitarbeiter der Regierung sollten sich nicht von "Ausländern" in ihre Arbeit hineinpfuschen lassen. Er habe dem US-Präsidenten Barack Obama bereits gesagt, dass er das afghanische Volk nicht durch Krieg zusammenhalten könne. "Seit acht Jahren geht das nun schon so. Wir wollen Frieden und Sicherheit."

Zu der geplanten Nato-Offensive sprach Karsai die 1500 Stammesvertreter direkt an. "Ich weiß, dass ihr besorgt seid. Seid ihr besorgt?" Einige der Ältesten riefen zurück: "Ja, das sind wir." Karsai antwortete: "Wenn ihr besorgt seid, wenn ihr damit nicht glücklich seid, dann wird es keine solche Operation geben."

Karsai wurde bei dem Treffen von US-General Stanley McChrystal begleitet, dem Oberkommandierenden der Nato- und der US-Truppen in Afghanistan. Die Nato plant derzeit die größte Offensive gegen die Taliban in der Region seit Beginn des Krieges vor acht Jahren.

Auf Karsais Rede in Kandahar gab es zunächst keine offizielle Reaktion aus Washington. McChrystal sagte indes gegenüber CNN, er denke weniger über die Worte von Menschen nach als vielmehr über deren Taten. Vor diesem Hintergrund bewerte er die "Partnerschaft" mit Präsident Karsai als zufriedenstellend.

Auch der US-Generalmajor William Mayville spielte die Äußerungen Karsais herunter. Der Präsident sei bei dem Vorhaben der Offensive "mit an Bord" und versuche lediglich, Unterstützung bei den Stammesältesten zu bekommen, sagte Mayville vor Journalisten.

Am Samstag hatte Karsai laut einem Pressebericht den USA bereits die Einmischung in die Belange seines Landes vorgeworfen. Wie das Wall Street Journal berichtete, äußerte sich Karsai bei einem privaten Treffen mit 70 afghanischen Parlamentariern. Er sagte demnach, sollten die USA und ihre Verbündeten weiterhin der Regierung in Kabul vorschreiben, was sie zu tun habe, könnte der Aufstand der Taliban zu einer legitimen Widerstandsbewegung werden.

"Sie wollen, dass ich als Präsident wirkungslos bin"

Bereits am Donnerstag hatte er den westlichen Staaten vorgeworfen, ihn schwächen zu wollen. "Sie wollen, dass das Parlament und ich als Präsident wirkungslos sind." Das Ausland wolle keine Wahlen in Afghanistan haben. Die USA hatten daraufhin in ungewöhnlich schroffer Form eine Klarstellung verlangt. Am Freitag dann hatte ein Sprecher Karsais erklärt, der Präsident und US-Außenministerin Hillary Clinton hätten in einem Telefongespräch die Partnerschaft beider Länder bekräftigt.

Wie die New York Times berichtete, reagierte Clinton allerdings eher kühl und gab Karsai zu verstehen, man solle sich nunmehr auf die vor uns liegende Arbeit konzentrieren.

Derweil räumte die Nato ein, bei einer nächtlichen Razzia im Februar fünf Zivilisten getötet zu haben. Unter den Toten seien drei Frauen gewesen. Die Soldaten hätten angenommen, dass sich in dem Haus ein Taliban-Rebelle befinde. Die beiden Männer seien getötet worden, weil sie Waffen getragen hätten. Die Frauen seien bei der Schießerei ums Leben gekommen.

"Wir wissen jetzt, dass die getöteten Männer lediglich ihre Familien beschützen wollten", sagte der kanadische Isaf-Sprecher Eric Tremblay. McChrystal, hat sich zum Ziel gesetzt, dass weniger Zivilisten am Hindukusch getötet werden. Erst im März hat der General neue Richtlinien für nächtliche Razzien ausgegeben, die diese deutlich begrenzen sollen. Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat ein Verbot von nächtlichen Durchsuchungen gefordert.

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