Afghanistan:Hindernis am Hindukusch

Bundeswehr in Afghanistan

Bundeswehrsoldaten machen während einer Minensuch-Mission in der Wüste Afghanistans eine Pause.

(Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Der Machtkampf um das Präsidentenamt gefährdet die Abzugspläne der USA.

Von Moritz Baumstieger und Daniel Brössler, Berlin/München

Ungeachtet des Ausgangs laufender Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban hat die Bundesregierung den Weg geebnet für eine Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Das Kabinett stimmte am Mittwoch der Verlängerung des Einsatzes im Rahmen der Nato-Mission "Resolute Support" um ein weiteres Jahr zu. Unverändert sollen bis zu 1300 Soldatinnen und Soldaten entsandt werden können. Dem muss bis Ende März allerdings noch der Bundestag zustimmen.

"Trotz sichtbarer Fortschritte" sei Afghanistan weiter auf die Beratung seiner Sicherheitskräfte angewiesen, um eine "flächendeckende Verbesserung der Sicherheitslage zu erreichen", sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Allerdings gelte: "Der Konflikt in Afghanistan kann nur politisch gelöst werden". Vordringliches Ziel seien daher innerafghanische Friedensverhandlungen.

Am 29. Februar wollten die USA eigentlich ein Abkommen mit den Taliban unterzeichnen

Ob solche jedoch bald stattfinden können, ist nach der Verkündung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl fraglicher denn je: Nach mehr als vier Monaten Aus- und Nachzählen meldete die Wahlkommission am Dienstag, Amtsinhaber Aschraf Ghani habe die Abstimmung mit 50,64 Prozent gewonnen. Die politische Dauerkrise am Hindukusch ist mit dem Ende der Hängepartie aber nicht vorbei, im Gegenteil: Ghanis wichtigster Gegenspieler, der bisherige Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, will das Ergebnis nicht anerkennen und eine Gegenregierung bilden.

Diese Entwicklung kommt für die in Afghanistan engagierten ausländischen Mächte zur Unzeit: Am 29. Februar wollten die USA eigentlich ein Abkommen mit den islamistischen Taliban zur Reduzierung der Gewalt unterzeichnen, das langfristig einen Abzug der US-Soldaten ermöglichen soll. In die Verhandlungen war Kabul zwar nicht eingebunden, doch sollte sich an das Abkommen ein innerafghanischer Friedensprozess anschließen. Ein solcher erscheint jedoch unrealistisch, solange Kabul durch zwei sich um Kompetenzen streitende Regierungen gelähmt ist.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes verwies auf die "schwierige" Lage nach Verkündung des Wahlergebnisses. Gerade deshalb seien "weitere Anstrengungen" nötig, um das Land auf dem Weg "in eine demokratische und friedliche und für die Menschen auch sichere Zukunft nicht alleine zu lassen". Hierfür sei "strategische Geduld" nötig. Sie verwahre sich dagegen, "das Geleistete klein reden zu wollen". Auch ein Sprecher des Verteidigungsministeriums verwies auf Erfolge. So sei Afghanistan nicht mehr "Brutstätte internationalen Terrors". Auch die gesellschaftliche Stellung von Frauen habe sich nachhaltig verbessert. Bei der Ausbildung afghanischer Streitkräfte sei eine "Lernkurve" festzustellen. Es gebe aber auch Rückschläge.

Die Bundeswehr ist seit 18 Jahren in Afghanistan präsent. Im Rahmen der Ausbildungs- und Unterstützungsmission Resolute Support, die 2015 den Kampfeinsatz der Isaf-Truppe abgelöst hat, ist sie an der Stärkung der afghanischen Streitkräfte beteiligt. Die meisten Bundeswehr-Soldaten sind in Masar-i-Scharif im Norden des Landes stationiert. Ein kleines Kontingent berät die afghanische Armee auch in Kundus und ist im dortigen Außenposten Camp Pamir wiederholt unter Beschuss geraten. Bei einem Besuch im Dezember hatte sich Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für die Bitte nach einem Schutz durch bewaffnete Drohnen offen gezeigt. Dies ist jedoch im Bundestag umstritten. Die Debatte darüber laufe unabhängig von der Mandatsverlängerung, sagte der Sprecher des Ministeriums.

US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte Kramp-Karrenbauer während der Münchner Sicherheitskonferenz über die laufenden Verhandlungen mit den Taliban unterrichtet. Ausgehandelt worden sei ein Plan, der zunächst die Verringerung der Gewalt vorsieht. Die USA streben eine deutlich geringere Truppenpräsenz an. Auch der Beschluss der Bundesregierung soll eine flexible Verringerung der Zahl deutscher Soldaten in Afghanistan ermöglichen. Grundsätzlich gelte die Devise "Zusammen rein, zusammen raus", hieß es.

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