Afghanistan-Einsatz:Obama denkt über Strategiewechsel nach

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Nach dem Afghanistan-Bericht von General McChrystal wollen die USA ihre Truppen möglicherweise reduzieren - eine Debatte, die auch in Deutschland geführt wird.

Die US-Regierung erwägt nach Informationen aus dem Weißen Haus einen Kurswechsel ihrer Afghanistan-Strategie. Statt einer weiteren Truppenverstärkung seien mehr gezielte Anti-Terror-Angriffe in Pakistan denkbar, sagten zwei hohe Regierungsbeamte in Washington. Auch Großbritannien denkt offenbar eher an eine Truppenreduzierung in Afghanistan.

Denkt über einen Strategiewechsel in Afghanistan nach: US-Präsident Barack Obama. (Foto: Foto: Reuters)

Der britische Premierminister Gordon Brown erklärte, er hoffe, einige Soldaten abziehen zu können, je mehr die afghanischen Streitkräfte selbst in der Lage seien, für Sicherheit zu sorgen.

In den USA gehen die Überlegungen offenbar in die Richtung, verstärkt unbemannte Flugzeuge mit Raketen auszustatten und damit Ziele islamischer Extremisten aus dem Umkreis der al-Qaida anzugreifen. Auf diese Weise, so heißt es in Washington, könnten die Aufständischen auf ein kleineres Gebiet zurückgedrängt und daran gehindert werden, ins benachbarte Afghanistan zu gelangen. Seit August 2008 gab es mehr als 50 solcher Raketenangriffe auf Ziele in Pakistan.

Die Überlegungen eines Strategiewechsels stehen in Zusammenhang mit einem dramatischen Lagebericht des US-Kommandeurs in Afghanistan, General Stanley McChrystal. Dieser warnte darin vor einem Scheitern des internationalen Einsatzes, falls die Truppen nicht entscheidend verstärkt würden. Berater von Barack Obama erklärten, der Präsident habe noch weitere Fragen und wolle sich Zeit nehmen für eine Entscheidung zur künftigen Afghanistan-Strategie.

Auch Brown reagierte mit seinen Äußerungen in einem Interview des Fernsehsenders GMTV auf den Bericht des US-Generals. "Unsere große Herausforderung ist der Aufbau der afghanische Streitkräfte", sagte Brown. Jetzt seien es schon 80.000 Mann, im nächsten Jahr sollten es 135.000 werden. Die Ausbildung der afghanischen Streitkräfte werde es Großbritannien erlauben, in dem Maße wie die Armee wachse, die Zahl seiner Soldaten zu reduzieren.

Zusätzliche Entsendung vn 1000 Soldaten

Zuvor hatte allerdings die Times noch berichtet, London erwäge auf McChrystals Anforderung hin die zusätzliche Entsendung von 1000 Soldaten. Dazu sei noch keine Entscheidung gefallen, verlautete es aus Browns Büro. Großbritannien hat derzeit rund 9000 Soldaten vor allem in der umkämpften südlichen Provinz Helmand stationiert. Es ist das zweitgrößte ausländische Kontingent nach dem der USA.

US-Außenministerin Hillary Clinton hat derweil zurückhaltend auf die Forderung nach einer weiteren Truppenaufstockung reagiert. In einem Interview mit dem Sender PBS sagte Clinton, sie respektiere die Analyse des Kommandeurs. Es gebe aber Analysen von anderen ausgewiesenen Militärfachleuten, die zur Bekämpfung von Aufständischen in Afghanistan "genau das Gegenteil" empfählen. Die US-Regierung werde nun alle Angaben prüfen und gewichten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Frank-Walter Steinmeier über die Forderungen von US-Kommandeur Stanley McChrystal denkt.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat die Entsendung zusätzlicher Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan währenddessen abgelehnt. Angesichts der Forderung des US-Oberkommandierenden McChrystal nach Truppenverstärkung betonte Steinmeier in einem NDR-Interview, dieser Aufruf richte sich nicht spezifisch an Deutschland. Steinmeier verwies darauf, dass Deutschland bereits drittgrößter Truppensteller sei und seine Truppenobergrenze von 3500 auf 4500 Soldaten angehoben habe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für Afghanistan eine "Übergabestrategie in Verantwortung" gefordert. Ziel des deutschen Einsatzes am Hindukusch müsse es sein, "dass die Afghanen mehr und mehr die Verantwortung für ihr Land selbst übernehmen - für den Wiederaufbau genauso wie für die Sicherheit", sagte Merkel der Mittelbayerischen Zeitung . Den Schwerpunkt bilde der Aufbau einer afghanischen Armee sowie einerafghanischen Polizei.

"Schwieriger Einsatz"

Der Einsatz in Afghanistan sei "ohne Zweifel schwierig", fügte die Bundeskanzlerin hinzu. "Wir wollen nicht zulassen, dass Afghanistan wieder zu einem Ausbildungslager für Terroristen wird, das es zum Zeitpunkt der Anschläge des 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten war." Zur Skepsis vieler Deutscher wegen des Bundeswehreinsatzes sowie wegen der zivilen afghanischen Opfer sagte Merkel dem Blatt: "Ich kann die Sorgen vieler Bürger gut verstehen. Jedes unschuldige Opfer ist ein Opfer zuviel." Doch sei seit Beginn des deutschen Engagements am Hindukusch auch schon "Einiges erreicht" worden, das nun fortgesetzt und intensiviert werden müsse.

© sueddeutsche.de/AP/AFP/Reuters/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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