Afghanistan-Einsatz:Islamisten drohen Deutschland und Österreich mit Terror

Deutschland und Österreich sollen angeblich Ziele von Anschlägen werden. Auf einer einschlägigen islamistischen Webseite drohen Islamisten mit Attentaten - wenn europäische Soldaten nicht aus Afghanistan abgezogen werden.

Es gibt ein neues Islamisten-Video von einer Gruppe, die sich selbst "Stimme des Kalifat Kanal" nennt. Die Gruppe droht auf islamistischen Internetseiten mit Anschlägen, wenn die Soldaten nicht aus Afghanistan abgezogen werden. Die Zusammenarbeit mit US-geführten Truppen könnte Anschläge provozieren, erklärte die Gruppe in der Video-Botschaft.

"Warum solltest Du (Deutschland) all diese wirtschaftlichen Interessen gefährden wollen für das Wohl von Bush und seiner Bande", sagt die Stimme auf Arabisch. "Ist es nicht dumm, die Mujaheddin zu ermutigen, Anschläge in eurem Land zu verüben?"

Die Botschaft der Gruppe werde von Experten ausgewertet, hieß es in Wien. Das österreichische Innenministerium sprach von einer sehr "abstrakten" Bedrohung, wie es sie "leider öfter" im Internet gebe.

Österreich ist seit 2002 in Afghanistan vertreten. Das derzeitige Mandat läuft bis Ende des Jahres und dann entscheidet der Ministerrat über eine mögliche Verlängerung.

Dennoch verschärfte das österreichische Verteidigungsministerium nach der Video-Drohung die Sicherheitsvorkehrungen für seine in Afghanistan stationierten Truppen.

Die in Kabul eingesetzten Stabsoffiziere seien angewiesen worden, ihren Bereich bei der internationalen Friedenstruppe ISAF nicht zu verlassen, erklärte nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA am Samstagabend ein Ministeriumssprecher in Wien.

Kein Kommentar vom Auswärtige Amt in Berlin

Das Auswärtige Amt in Berlin wollte zu diesem Video zunächst keine Stellungnahme abgeben.Der Bundestag hatte am Freitag der Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes durch die Entsendung von sechs deutschen Aufklärungstornados und 500 Soldaten zugestimmt. Derzeit sind rund 3000 deutsche Soldaten in Afghanistan stationiert.

Das Video wurde auf derselben Internetseite veröffentlicht, wie das, auf dem die beiden deutschen im Irak verschleppten Geiseln gezeigt wurden.

Die Kidnapper erklärten dabei, die Geiseln würden ermordet, wenn die Bundeswehr nicht innerhalb von zehn Tagen aus Afghanistan abzieht. In dem Video, das am Samstag auf einer Islamisten-Internetseite auftauchte, bittet die verschleppte 61 Jahre alte Hannelore Marianne K. unter Tränen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um Hilfe. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) versicherte in Berlin, die Bundesregierung werde nichts unversucht lassen, um die beiden entführten Deutschen freizubekommen.

Deutsche fleht Bundeskanzlerin Merkel an

Die Videobotschaft sei den Behörden seit Freitagabend bekannt. In dem Geiselvideo fleht die Deutsche, die mit einem irakischen Professor verheiratet ist, mit tränenerstickter Stimme: "Wir sind doch auch Deutsche."

Die Frau und ihr 20 Jahre alter Sohn waren am 6. Februar in Bagdad verschleppt worden. Beide sollen seit Jahrzehnten im Irak leben. Die 61-Jährige stammt aus dem Großraum Berlin.

Neben der Frau mit einem lose umgebundenen Kopftuch kauert in der Aufnahme ihr Sohn, dessen Hand sie während der ganzen Zeit hält. Von dem Sohn ist an einer Stelle ein Schluchzen zu hören. Im Krisenstab des Auswärtigen Amtes werde jetzt das Video analysiert, sagte Steinmeier. Die Aufzeichnung nannte er "ein erschütterndes Dokument".

Die 61-Jährige spricht in deutscher Sprache. Sie sagt weiter: "Ich bin hier festgehalten worden schon seit einer ganzen Weile, und ich bitte Sie (Bundeskanzlerin Angela Merkel), mir zu helfen. Diese Leute hier wollen meinen Sohn vor meinen Augen umbringen und hinterher mich. Ich möchte nicht auf diese Art und Weise sterben."

Einer der drei vermummten und bewaffneten Männer, die hinter den Geiseln stehen, verliest eine Erklärung in arabischer Sprache. Darin heißt es unter anderem: "Wir geben der deutschen Regierung zehn Tage vom Datum der Veröffentlichung dieser Botschaft an, um mit dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan zu beginnen, danach werden wir keine Verantwortung mehr übernehmen und nicht einmal eine Leiche eines dieser Agenten (die Geiseln) wird gefunden werden. Gott ist groß und die Ehre ist für den Islam und die Muslime."

Der Entführer behauptet weiter, die Bundeswehr bombardiere in Afghanistan Zivilisten in ihren Dörfern. Der Sprecher sagt: "Wir Muslime sind eine einzige große Nation." Die Muslime in Afghanistan seien ihnen daher genauso nahe wie die Muslime im Irak.

Zu Beginn des achtminütigen Videos zeigen die Entführer, die sich "Brigade der Pfeile der Rechtschaffenheit" nennen, den Reisepass der Frau. Darauf ist ihr Name deutlich zu erkennen. Sicherheitsexperten der Bundesregierung werten die Morddrohung mit Ultimatum laut einem Bericht der "Bild am Sonntag" als Druckmittel für eine spätere Lösegeldforderung.

Die Zeitung beruft sich auf Berliner Regierungskreise. Offenkundig seien die Entführer im Irak enttäuscht vom bislang geringen öffentlichen Echo ihrer Tat in Deutschland. Deshalb hätten sie das Video angefertigt.

Vor der jüngsten Entführung wurden in den vergangenen Jahren bereits zwei Mal Deutsche im Irak verschleppt: Ende 2005 die Archäologin Susanne Osthoff und Anfang 2006 die beiden Ingenieure Thomas Nitzschke und René Bräunlich. Alle kamen wieder frei - Medien berichteten von Lösegeldzahlungen in Millionenhöhe.

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