Afghanistan:Tödlicher Fehler

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"Furchtbarer Fehler": Der Drohnenangriff mit zehn zivilen Opfern wurde zunächst als gerechtfertigt verteidigt. (Foto: Bernat Armangue/AP)

Das US-Militär hat eingestanden, bei einem Drohnenangriff in Kabul ausschließlich Zivilisten getötet zu haben. Die Zielperson habe keinen Kontakt zur Terrormiliz Islamischer Staat gehabt.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Das US-Militär hat eingeräumt, bei einem Drohnenangriff kurz vor dem endgültigen Abzug aus der afghanischen Hauptstadt Kabul ausschließlich unschuldige Zivilisten getötet zu haben. Es rückte damit von der bisherigen Erklärung ab, eines der Opfer habe in engem Kontakt mit Terroristen des afghanischen Ablegers der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gestanden. Auf dieser Grundlage hatte das US-Militär den Angriff als gerechtfertigt bezeichnet, auch wenn dabei Zivilisten getötet wurden.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin teilte am Wochenende in einer Erklärung mit, es habe keine Verbindung zwischen dem IS und der Zielperson des Angriffs, Zemari Ahmadi, bestanden. Dessen Aktivitäten an dem fraglichen Tag seinen "komplett harmlos" gewesen und in keiner Weise mit einer akuten Bedrohung des Flughafens in Kabul durch IS-Selbstmordattentäter verbunden gewesen. Wenige Tage vor dem Drohnenangriff hatten IS-Terroristen mit einem Selbstmordanschlag vor einem Zugangstor zum damals vom US-Militär kontrollierten Flughafen mehr als 180 Menschen getötet, unter ihnen 13 US-Soldaten.

Bis zu sieben Kinder kamen ums Leben

Austin kondolierte den Hinterbliebenen der zehn getöteten Zivilisten und entschuldigte sich für "diesen furchtbaren Fehler". Ähnlich äußerte sich der Befehlshaber des für Afghanistan zuständigen Regionalkommandos der US-Streitkräfte, General Kenneth F. McKenzie. Nach der sorgfältigen Auswertung der Untersuchungsergebnisse und zusätzlicher Erkenntnisse der US-Geheimdienste sei er "nunmehr überzeugt, dass bis zu zehn Zivilisten - unter ihnen bis zu sieben Kinder - tragischerweise in diesem Angriff getötet wurden".

Bislang hatte das Militär auf eine heftige Sekundärexplosion nach dem Einschlag der von einer Drohne abgefeuerten Hellfire-Rakete verwiesen und diese als Indiz gewertet, dass sich im Auto der Zielperson Sprengstoff befunden habe. Familienangehörige hatten eine zweite Detonation ebenso entschieden bestritten wie Verbindungen Ahmadis mit dem IS. Ahmadi hatte für eine amerikanische Hilfsorganisation gearbeitet und sich für ein spezielles Visaprogramm beworben, mit dem die US-Regierung Mitarbeitern von US-Organisationen Schutz gegen Vergeltung durch die Taliban bieten will. Das US-Verteidigungsministerium prüft laut McKenzie nun Entschädigungszahlungen an die Hinterbliebenen.

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