Afghanistan: Anschlag der Taliban:Nato-Soldaten schlagen Angriff auf Luxushotel nieder

Ein Terrorkommando der Taliban stürmt ein Luxushotel in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Erst nach stundenlangen Kämpfen gelingt es Isaf und afghanischen Sicherheitskräften, die Angreifer außer Gefecht zu setzen. Mehr als zehn Menschen sterben. Wenige Stunden später sollte in dem Hotel eine Sicherheitskonferenz beginnen.

Die Internationale Schutztruppe (Isaf) hat den Angriff eines Terrorkommandos der Taliban auf ein Luxushotel in Kabul niedergeschlagen. Einige Stunden später, als alle schon den Angriff für beendet gehalten hatten, erschütterte dann aber noch einmal eine Explosion das Hotel Intercontinental. Einer der Angreifer, der verwundet worden war, sprengte sich selbst in einem Hotelzimmer in die Luft.

Bei den Auseinandersetzungen zuvor waren nach Angaben des afghanischen Innenministeriums acht Angreifer sowie acht Zivilisten und zwei Polizisten getötet. Die Polizei spricht von mindestens zehn zivilen Opfernn, ein Sprecher des afghanischen Nationalen Sicherheitsdirektorats bezifferte die zivilen Opfer auf elf. Das Außenministerium in Madrid teilte mit, ein Spanier sei unter den Toten.

Zwölf Menschen seien bei den mehr als vierstündigen Kämpfen im Hotel Intercontinental verletzt worden, sagte der Chefermittler der Kriminalpolizei in der afghanischen Hauptstadt, Mohammad Sahir. Insgesamt sieben bewaffnete Taliban-Kämpfer und Selbstmordattentäter hätten das stark bewachte Hotel in der Nacht zu Mittwoch gestürmt gehabt, sagte Sahir. "Alle ihre Leichen sind gefunden worden." Die Situation sei unter Kontrolle.

Die Isaf setzte nach Angaben eines Sprechers bei der Operation einen Kampfhubschrauber ein, von dem aus geschossen wurde. Entgegen ursprünglichen Meldungen seien aber keine Raketen abgefeuert worden.

Das afghanische Innenministerium verurteilte die Tat auf das Schärfste. "Die Feinde von Frieden und Stabilität haben ein weiteres unverzeihliches und schändliches Verbrechen begangen", hieß es in einer Mitteilung.

Taliban auf der Suche nach Ausländern

Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte, mehrere Attentäter mit automatischen Waffen und Sprengstoffwesten seien in das Hotel eingedrungen. Einer der Angreifer habe sich in die Luft gesprengt. Mudschahid sprach von mindestens 50 Toten bei dem Angriff, doch gelten derartige Angaben der Taliban generell als stark übertrieben.

Der Talib sagte, die Aufständischen hätten sich auf der Suche nach Ausländern von Zimmer zu Zimmer vorgearbeitet. Nach Angaben von Ministeriumssprecher Seddiqi hielten sich in dem Hotel zwischen 60 und 70 Gäste auf, darunter auch Ausländer. Sie sollen in ihren Zimmern in Sicherheit gewesen sein.

Lokale Medien berichteten, afghanische Regierungsvertreter hätten sich in dem Hotel aufgehalten, um an einer zweitägigen Konferenz zur Übergabe der Verantwortung von der Nato an afghanische Sicherheitskräfte teilzunehmen. Die Konferenz sollte ursprünglich am Mittwochmorgen beginnen.

Schüsse und Explosionen

Nach Angaben afghanischer Behörden waren die Selbstmordattentäter und Kämpfer schwer bewaffnet. So hätten sie unter anderem Maschinengewehre, Granatwerfer und Handgranaten mit sich geführt. Nachdem sie in das Hotel eindrangen, sprengte sich demnach mindestens einer von ihnen in die Luft. Sofort eilten Polizisten zu dem Schauplatz, die sich dann Feuergefechte mit den Aufständischen lieferten.

Afghanistan: Anschlag der Taliban: Terroranschlag auf Luxushotel: Vom Hotel Intercontinental in Kabul steigen nach einer Attacke der Taliban Flammen und Rauch auf.

Terroranschlag auf Luxushotel: Vom Hotel Intercontinental in Kabul steigen nach einer Attacke der Taliban Flammen und Rauch auf. 

(Foto: AFP)

Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten von fünf Explosionen. Das Hotel lag in der Nacht völlig im Dunkeln, offenbar wurde der Strom gekappt. "Zuerst gab es Schüsse, dann zwei Explosionen", sagte der Angestellte Esatullah über den Beginn des Angriffs, bei dem er sich zunächst in einem Zimmer in einem der obersten Stockwerke versteckt hielt. Wegen dichten Rauchs habe er den Raum verlassen müssen. "Als ich rauskam, habe ich Spuren von Blut gesehen. Dann kam die Polizei und hat mich rausgeholt", schilderte der Hotelmitarbeiter.

Hubschrauber der Nato-geführten Schutztruppe Isaf beschossen die Aufständischen, die sich auf dem Dach des belagerten mehrstöckigen Hotels verschanzt hatten, mit Raketen. Daraufhin hätten sich afghanische Sicherheitskräfte auf das Hoteldach vorgearbeitet und die restlichen Aufständischen angegriffen. Sechs Angreifer seien getötet worden, sagte Isaf-Sprecher Tim James.

"Wir wissen nicht, wie viele Aufständische insgesamt beteiligt waren. Wir wissen aber, dass mindestens sechs Aufständische auf dem Dach des Hotels waren." Isaf-Soldaten seien nicht zu Schaden gekommen. "Dies war ein komplexer Angriff, der Selbstmordattentäter und bewaffnete Aufständische beinhaltete", sagte James weiter.

Auf mögliche deutsche Opfer gab es zunächst keine Hinweise. "Die deutsche Botschaft in Kabul ist eingeschaltet und um Aufklärung bemüht", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. "Es gibt bisher keine Hinweise auf Deutsche, die betroffen sind."

Die USA verurteilten den Terrorangriff auf das Hotel umgehend. Die Tat demonstriere erneut, dass die Terroristen Menschenleben vollkommen missachten würden, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, nach einer in Washington verbreiteten Mitteilung.

Schwerbewachte Zufahrt

In Kabul hatte am Sonntag und Montag ein internationales Afghanistan-Treffen stattgefunden. Daran hatte auch der deutsche Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Botschafter Michael Steiner, teilgenommen. Er war zum Zeitpunkt des Angriffs aber nicht mehr in Kabul. Auch der US-Sondergesandte für die Region, Marc Grossman, und seine Delegation hätten Kabul bereits am Dienstagmorgen verlassen, teilte das US-Außenministerium mit.

Das Intercontinental liegt auf einem Hügel in der Hauptstadt und ist das älteste Luxushotel in Afghanistan. Es nahm bereits 1969 seinen Betrieb auf, gehört aber seit langem nicht mehr zu der gleichnamigen internationalen Kette. Die einzige Zufahrtsstraße zum Hotel wird durch mehrere Checkpoints gesichert. Auch der Eingang in das mehrstöckige Gebäude wird schwer bewacht.

2008 hatten Aufständische das ebenfalls bei Ausländern beliebte Hotel Serena in Kabul attackiert. Dabei kamen sieben Menschen ums Leben, drei von ihnen Ausländer. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden daraufhin auch in den anderen Hotels der Stadt verschärft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: