Affäre um manipulierte Asylverfahren:Im März 2017 ging eine weitere Warnung ein

Der Bamf-Mitarbeiter wies andererseits aber auch auf die Risiken rückhaltloser Aufklärung hin. "Das Haus", damit ist das Bamf gemeint, müsse sich "genau überlegen", ob es eine "solche Aktion" bezüglich der verdächtigen Fälle "von sich aus starten will". Sollte die Causa an die Öffentlichkeit gelangen, würde dies "ein schlechtes Bild auf das Bundesamt werfen".

Nach dem Erhalt dieser E-Mail gab der Abteilungsleiter das Signal, die Fälle anzusehen, aber nicht zu intensiv. "Ich möchte nicht, dass alles bis ins Detail geprüft wird", schrieb er in einer E-Mail am 14. Februar. Ob er dieses Vorgehen mit der Behördenspitze um Jutta Cordt abgesprochen hatte, ist unklar. Auf Anfrage von SZ und NDR erklärt das Bamf am Sonntag lediglich, Präsidentin Cordt habe die E-Mail mit den Anweisungen des Abteilungsleiters nicht erhalten. Dessen Wortwahl, "geräuschlos" vorzugehen, habe das Ziel gehabt, "die Verfahren zunächst intern zu klären". Ferner erklärte das Amt, eine Prüfung sei damals unverzüglich eingeleitet worden. Es seien zwar Bescheide aufgehoben worden, ansonsten habe die Untersuchung aber "keine weiteren Erkenntnisse erbracht".

Unklar ist, wieso bis zum Einschalten der Revision acht Monate vergingen

Auffällig ist auch, dass Präsidentin Cordt diesen Sachverhalt nicht erwähnt hat, als sie Ende April 2018 den Innen-Ausschuss des Bundetags über den Fall informierte. Zwar schilderte sie dem Gremium eine detaillierte Chronologie des Falls. Demnach lief im Februar 2017 bereits seit Monaten ein Disziplinarverfahren gegen die verantwortliche Leiterin der Bremer Außenstelle.

Außerdem beauftragte das Bamf am 26. Oktober 2017 die interne Revision, die Fälle zu prüfen, die mit der Außenstelle Bremen und insbesondere dem verdächtigen Anwalt zu tun hatten. Unklar ist, warum zwischen der internen Diskussion im Februar 2017 und der Einschaltung der Revision acht Monate vergingen, und warum Cordt den Mailwechsel im Februar nicht erwähnte, als sie dem Parlament Rede und Antwort stand.

Am 2. März 2017, zwei Wochen nach dem anfänglichen E-Mail-Austausch, ging im Bamf sogar noch eine weitere Warnung ein, diesmal von Mitarbeitern des hannoverschen Regionspräsidenten Hauke Jagau. In dieser Mail wurde auf eine Liste von 149 Fällen verwiesen, in denen Mitarbeitern der Region Hannover Ungereimtheiten aufgefallen waren.

In 27 der aufgelisteten 149 Fälle waren Entscheidungen niedersächsischer Stellen durch die gar nicht zuständige Bamf-Außenstelle Bremen aufgehoben oder abgeändert worden. Alle Fälle standen in Verbindung mit dem verdächtigen Anwalt. Auch von dieser Warnung berichtete Bamf-Präsidentin Cordt dem Parlament nicht, als sie dort Ende April 2018 auftrat.

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