Affäre um "Euro Hawk"-Drohne:Der unersetzliche Minister

Die Frage, ob sich der Verteidigungsminister selbst widersprochen hat, ist keine Nebensächlichkeit. Es ist die zentrale Frage. Denn ein Minister, der nicht glaubwürdig ist, ist auch nicht mehr haltbar. Wäre de Maizière für Merkel nicht so wichtig, er hätte schon längst gehen müssen.

Ein Kommentar von Christoph Hickmann, Berlin

In diesen Tagen wird von interessierter Seite gern darauf hingewiesen, dass dem Verteidigungsminister in der Causa Euro Hawk mittlerweile keine Sachfehler mehr vorgeworfen würden. Stattdessen werde nur noch die Frage erörtert, wann er wie viel gewusst habe und ob er sich in seinen vielen Aussagen zum Thema widersprochen hat. Dazu bleibt zu sagen: Stimmt. Und genau so muss es sein.

Es wird jede Mühe wert sein, das Projekt gründlich zu durchleuchten und abschließend vor allem die Frage zu klären, ob und wie viel Geld unnötigerweise ausgegeben wurde - wie groß also der Schaden für den Steuerzahler ist und welchen Teil davon man durch entschlosseneres Handeln überhaupt hätte vermeiden können.

Aber die Frage, ob und wie sich Thomas de Maizière selbst widersprochen hat, ist keine Nebensächlichkeit, wie es seine Unterstützer gerade täglich erklären. Es ist im Augenblick die zentrale Frage - und zwar nicht, weil sie einfacher zu beantworten ist als all die Fragen nach Bemühensklauseln und Musterzulassungen. Sondern weil ein Minister, der nicht mehr glaubwürdig ist, auch nicht mehr haltbar ist.

Andere hätten schon längst zurücktreten müssen

Es war de Maizière selbst, der dieser Frage eine solche Bedeutung verliehen hat. Vor einer Woche erzählte er einer staunenden Öffentlichkeit in etwa folgende Geschichte: Ja, ich habe irgendwann mal gehört, dass es da Probleme gab, und als nächstes habe ich über ein Jahr später von meinen Staatssekretären erfahren, dass sie das Projekt gekippt haben. Dazwischen war ich nicht "befasst". So hat es der Minister gesagt, daran gibt es nichts herumzudeuten. Er ist außerdem noch ins Detail gegangen und hat unter anderem ergänzt, dass keiner seiner Staatssekretäre je zu ihm gekommen sei und über die Probleme gesprochen habe. Es habe auch keine "Vorlage" an ihn gegeben. So weit, so klar.

Nun ist erwiesen, dass de Maizière "befasst" war. Es gibt ein von ihm (mit der dem Minister vorbehaltenen grünen Tinte) abgezeichnetes Dossier, in dem die Probleme Ende 2012 schonungslos geschildert wurden. Vier Tage bevor es bei ihm einging, kam dieses Dokument (bei dem es sich tatsächlich nicht um eine "Vorlage" im Sinn der Ministerialbürokratie handelt) auf den Tisch eines seiner Staatssekretäre, der es an ihn weiterleitete. So weit, so klar.

Das Ministerium besteht nun darauf, die Probleme seien damals noch als "lösbar" dargestellt worden. Man kann die Formulierungen in der Ministermappe auch anders lesen - aber davon ab: na und? Darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass Thomas de Maizière gesagt hat, er sei nicht "befasst" gewesen. Und dass das nicht stimmt. Alles andere ist irrelevant.

Mal ganz abgesehen davon, was es über einen Minister sagt, wenn er einen alarmierenden Bericht über ein millionenschweres Rüstungsprojekt liest, sich dann aber angeblich damit zufriedengibt, statt zügig eine Krisensitzung anzuberaumen: Es gibt (abgesehen vielleicht von Wolfgang Schäuble) keinen Minister, den die Kanzlerin angesichts dieser Fakten im Amt lassen würde. Keinen. Und das zu Recht.

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