Der AfD-Politiker Björn Höcke hat wieder einmal Empörung ausgelöst und die Kritik wieder einmal zurückgewiesen. In einer Rede am Dienstag im Dresdner Ballhaus Watzke sagte Höcke über das Holocaust-Mahnmal in Berlin, die Deutschen seien "das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat". Höcke kritisierte, die deutsche Geschichte werde "mies und lächerlich gemacht", die Erinnerungskultur kenne "nur noch deutsche Täter". Das Land brauche nichts anderes als eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad".
An Höckes Äußerungen gab es vielfach Kritik. "Die AfD zeigt mit diesen antisemitischen und in höchstem Maße menschenfeindlichen Worten ihr wahres Gesicht", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. SPD-Vize Ralf Stegner sprach von einer "Hetz-Rede", die Grünen-Vorsitzende Simone Peter nannte Höckes Vortrag "unsäglich". Auch Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) kritisierte, Höcke nutze bewusst eine Wortwahl, die den Holocaust mit mehr als sechs Millionen jüdischen Todesopfern relativiere. Politiker mehrerer Parteien forderten in einem gemeinsamen Brief den hessischen Kultusminister auf, ein Disziplinarverfahren gegen Höcke einzuleiten. In Hessen ist dieser verbeamteter Lehrer, allerdings im ruhenden Verhältnis, da Höcke als Landes- und Fraktionschef der AfD im Thüringer Landtag sitzt. Bei der Staatsanwaltschaft Dresden wurde mittlerweile Strafanzeige gegen Höcke gestellt.
Dieser kündigte am Mittwoch seinerseits juristische Schritte an. Zudem wies er in einer Erklärung Anschuldigungen zurück und sagte, er habe das Holocaust-Gedenken in seiner Rede nicht kritisiert. Diese Auslegung sei eine "bösartige und bewusst verleumdende Interpretation" seiner Aussagen.
Parteichefin Petry sagt, Höcke sei zu einer Belastung für die AfD geworden
Kritik erreichte Björn Höcke allerdings auch aus seiner eigenen Partei. AfD-Chefin Frauke Petry sagte der rechtskonservativen Zeitung Junge Freiheit, Höcke sei "mit seinen Alleingängen und ständigen Querschüssen zu einer Belastung für die Partei" geworden. Die AfD müsse sich entscheiden, ob sie den Weg der Republikaner gehen wolle oder den anderer erfolgreicher Parteien wie der FPÖ. "Wir werden Realisten sein oder politisch irrelevant werden", sagte Petry. Auch Hamburgs AfD-Fraktion distanzierte sich: "Es gehört zu unserem Grundverständnis, dass wir mit der deutschen Geschichte der Dreißiger- und Vierzigerjahre und insbesondere mit dem Holocaust besonders sensibel umgehen müssen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bürgerschaftsfraktion, Alexander Wolf. Der stellvertretende Vorsitzende der AfD, Alexander Gauland, sagte, er könne die Empörung nicht verstehen. "Höcke hat nichts Neues oder Provokantes gesagt. Er hat den Holocaust nicht geleugnet", verteidigte er ihn. Höcke habe über das Holocaust-Denkmal gesprochen. Zwar gebe es Passagen in der Rede, die ihm zu holzschnittartig seien, sagte Gauland der SZ, dessen generelle Kritik am Umgang mit der deutschen Geschichte könne er aber nachvollziehen.
Höcke ist in der Vergangenheit häufig mit Provokationen aufgefallen. In der rechtskonservativen AfD zählt er zum rechten Rand. Mit seinem Vertrauten, Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg, führt er die parteiinterne rechte Plattform "Der Flügel". Aus Sicht von Sachsens Grünen-Chef Jürgen Kasek argumentiert Höcke immer wieder im "Stil des Nationalsozialismus". Er sei im Grunde kein Rechtspopulist mehr. In einer kritisierten Rede Ende 2015 am neurechten "Institut für Staatspolitik" sprach Höcke biologistisch über angebliche Ausbreitungsstrategien von Afrikanern.
Gegründet wurde das Institut von dem Publizisten Götz Kubitschek, der Höcke in Dresden begleitete. Der Chef der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung wiederum, Lutz Bachmann, hatte zur Teilnahme an der AfD-Veranstaltung aufgerufen. Ordner von Pegida übernahmen zudem den Einlass zum Ballhaus Watzke. Vor dem Gebäude gab es Proteste, diese blieben friedlich.