Die Thüringer AfD unter ihrem Chef Björn Höcke wird vom Landesverfassungsschutz inzwischen als gesichert extremistisch eingestuft. Es lägen "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" vor, heißt es in einer Vorlage, die am Dienstag nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung im Thüringer Kabinett besprochen wurde. Die Einstufung des Landesverbandes durch den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten sei bereits Mitte März formal in Kraft gesetzt worden.
Der Präsident des Landesverfassungsschutzes, Stephan Kramer, bestätigte nach Rücksprache mit dem Thüringer Innenministerium die Kabinettsbefassung, wollte sich aber zu den Inhalten nicht weiter äußern, weil es mit Blick auf die geplante Landtagswahl im Herbst eine "gesteigerte Neutralitätspflicht" gebe. Zuvor hatte das Freie Wort darüber berichtet. In Thüringen soll am 26. September ein neuer Landtag gewählt werden.
Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bezeichnete Höcke als Rechtsextremisten. Höcke war Gründer des später als rechtsextrem eingestuften "Flügels" der AfD, der inzwischen formal aufgelöst wurde. Der Landesverfassungsschutz hat allerdings auch die Thüringer AfD schon seit Längerem auf dem Schirm. Bereits im März 2020 stufte die Behörde den gesamten Landesverband als Verdachtsfall ein. Auch in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden die jeweiligen Landesverbände der AfD inzwischen als Verdachtsfall gesehen. Das bedeutet, dass zur Informationsbeschaffung über die Parteien nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden dürfen, etwa Observation oder das Sammeln von Informationen über sogenannte V-Leute.
Dass Parteien oder andere Gruppen als Verdachtsfall eingestuft werden, ist nicht in allen Bundesländern möglich. In Bayern etwa wird diese Kategorie nicht verwendet. Die Landesämter für Verfassungsschutz arbeiten auf Grundlage von Landesgesetzen und können auch intern andere Regelungen getroffen haben. So führen etwa einige Länder auch Gruppierungen, die als "Verdachtsfall" eingestuft werden, in ihren Jahresberichten auf, andere nicht. Auf Bundesebene darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten. Die AfD hatte sich noch vor einer möglichen Einstufung vorsorglich an das Gericht gewandt, um diese zu verhindern.