AfD:Streben ins Fahrerhaus

Berlin Holds State Elections

Georg Pazderski, 66, gilt als Vertreter des gemäßigten Flügels der AfD. Beim Parteitag im Dezember in Berlin kandidierte er als Bundesvorsitzender, wurde am Ende aber nur Vizechef.

(Foto: Sean Gallup/Getty)

"In absehbarer Zeit" solle die "Alternative für Deutschland" Regierungsverantwortung übernehmen, fordert Parteivize Georg Pazderski. Damit heizt er den schon länger schwelenden Richtungsstreit innerhalb der Partei weiter an.

Von Jens Schneider, Berlin

Die AfD soll sich nach den Vorstellungen ihres stellvertretenden Bundesvorsitzenden Georg Pazderski darauf vorbereiten, in "absehbarer Zeit" Regierungsverantwortung zu übernehmen. Die Partei müsse sich dafür "uneingeschränkt als seriöse, gestaltende Kraft präsentieren", schreibt der Berliner AfD-Politiker in einem Thesenpapier. Es reiche nicht aus, nur auf Protest zu setzen. Durch unbedachtes Verhalten und "dumme Äußerungen Einzelner" werden nach seiner Darstellung bisher liberalkonservativ-bürgerliche Kreise von der AfD abgeschreckt.

Mit diesem Vorstoß stellt sich Pazderski, der Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus ist, im Richtungsstreit der AfD noch deutlicher gegen die Linie des Parteivorsitzenden und Chefs der Bundestagsfraktion, Alexander Gauland. Der lehnt es ab, über Regierungsbeteiligungen der AfD nachzudenken, weil die Partei zuvor erst deutlich stärker werden solle. Pazderski sagte am Dienstag mit Blick auf Gauland: "Wenn jemand sagt, er wolle in dieser Gesellschaft nicht ankommen, muss man sich fragen, warum er in die Politik gegangen ist."

Pazderski wirbt in der AfD schon länger für einen Annäherung an die bürgerlichen Parteien mit einem rechtskonservativen Kurs und einer klaren Absage an extreme Kräfte. Er stieß mit diesem Bestreben bisher aber auf wenig Widerhall. So stellte sich im vergangenen Dezember beim Bundesparteitag in Hannover der äußerste rechte AfD-Flügel gegen Pazderski, als er neben Jörg Meuthen zweiter Parteichef werden wollte. Nachdem er in zwei Wahlgängen nicht die nötige Mehrheit erreicht hatte, trat Gauland an und wurde gewählt.

Der Berliner AfD-Chef konnte sich damals erst bei der Wahl der Stellvertreter im Bundesvorstand durchsetzen. Er glaube dennoch, dass zwei Drittel der Parteimitglieder seine Position teilen, sagte er am Dienstag. Die Diskussion über die Ausrichtung der AfD sei überfällig.

Für die AfD gelte es, "sich fit zu machen, um so bald wie möglich einen zentralen Platz im Fahrerhaus einzunehmen", schreibt er in seinem fünfseitigen Papier. Er warnt seine Partei, die AfD werde "für die Zukunft unseres Landes irrelevant werden", wenn sie die Chance verpasse, Politik heute mitzugestalten und stattdessen "auf eine sich selbst genügende wunderbare Isolierung setzt". Eine reine Protestbewegung werde sich irgendwann totlaufen. Pazderski spricht von großen inhaltlichen Gemeinsamkeiten zwischen der CDU/CSU und der FDP und der AfD. Laut seiner Darstellung kommt auch die SPD "theoretisch für eine Zusammenarbeit infrage", wenn die sich "wieder auf ihre Wurzeln als Partei der kleinen Leute bezieht".

Mit Blick auf den Umgang der AfD mit den Dresdner Pegida-Demonstrationen sprach Pazderski sich am Dienstag dafür aus, am Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD festzuhalten. Eine Zusammenarbeit könne er sich schon wegen des Führungspersonals von Pegida nicht vorstellen. Dagegen hatte die sächsische AfD unlängst den Pegida-Organisator Lutz Bachmann auf ihrem Parteitag begrüßt und sich für eine Kooperation mit dem Bündnis ausgesprochen.

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