Vertrauter von Alice Weidel:Neue Verbindungen zwischen AfD und dubiosem Unterstützerverein entdeckt

  • Ein Vertrauter der AfD-Spitzenpolitikerin Weidel wollte einen mysteriösen Verein beim Aufbau und der Finanzierung einer parteinahen Stiftung einbinden.
  • Von diesem distanziert sich die Partei allerdings öffentlich.
  • Sollte sich herausstellen, dass es zwischen Partei und Verein enge Absprachen gegeben hat, könnte die Bundestagsverwaltung der Partei die bisher für sie kostenlose Unterstützung als Parteispende anrechnen.
  • Die AfD müsste in seinem solchen Fall den Gegenwert, von dem sie profitiert hat, an die Bundestagsverwaltung zahlen - zuzüglich einer möglichen Strafe.

Von Sebastian Pittelkow, Nicolas Richter und Katja Riedel

Die Verbindung zwischen der AfD und einem mysteriösen Unterstützerclub namens "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten" ist enger als bekannt. Der Verein mit Sitz in Stuttgart hat die AfD mit millionenschwerer Wahlwerbung und einer Zeitung namens Deutschlandkurier unterstützt, seine Geldgeber allerdings sind anonym.

Diese Konstellation weckt seit Langem den Verdacht illegaler Parteienfinanzierung und wird von der dafür zuständigen Bundestagsverwaltung untersucht. Die AfD fürchtet ein Verfahren und distanziert sich deswegen von dem Verein. Jüngst hat sie ihn sogar verklagt, weil er Nähe zur Partei simuliere. Auch der Verein hat immer betont, dass er unabhängig von der AfD agiere.

Eine Serie von E-Mails, die Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR vorliegen, legt allerdings nahe, dass ein enger Vertrauter der heutigen Co-Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, im Jahr 2017 gezielt den Vereinsvorsitzenden David Bendels eingebunden hat, als es darum ging, eine parteinahe Stiftung der AfD zu etablieren und mit Geld auszustatten.

Kontakte zwischen Verein und Partei auch an anderer wichtiger Stelle

Weidels Vertrauter Hans Hausberger, der im Vorstand des AfD-Kreisverbands Bodensee sitzt und in der Partei als einflussreich gilt, schrieb am 10. Juli 2017 an den designierten Stiftungsverantwortlichen, mit dem er sich zuvor unter anderem über die Finanzierung der Stiftung unterhalten hatte: "Hier die Mailadresse und Tel-Nr von Bendels."

Hausberger bestätigte den Vorgang auf Anfrage von SZ, NDR und WDR und erklärte, die Stiftung habe für deren Gründung Stammkapital benötigt und da habe er auf den Kontakt zu Bendels aufmerksam gemacht. Geld sei aber letztlich nie geflossen. Die Organisationsstruktur des Stiftungsprojekts änderte sich mehrmals, bevor die Stiftung als parteinahe Stiftung ausgewählt wurde.

Dass ein Vertrauter der damaligen AfD-Spitzenkandidatin Weidel bei einem strategisch und finanziell so wichtigen Parteiprojekt auf den Vereinschef Bendels verwies, zeigt, wie eng die Beziehungen zwischen beiden Organisationen damals gerade auch in grundsätzlichen Fragen waren. Hausberger erklärte auf Anfrage, dass er Bendels kannte und vorgeschlagen habe, mit diesem eine mögliche Finanzierung für die Stiftung zu besprechen.

Tatsächlich habe sich Anfang Oktober 2017, kurz nach der Bundestagswahl, Vereinschef Bendels mit einem Verantwortlichen der geplanten Stiftung im Hotel Bayerischer Hof in München getroffen. Bendels habe, so erzählt es ein mit der Stiftungssache Betrauter, dabei eine mögliche Unterstützung ihm bekannter Investoren für die Stiftung angeboten. Wie Bendels die Sache darstellt, ist unklar; er reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Hausberger erzählt im Gespräch mit SZ, NDR und WDR auch, er habe mit dem Verantwortlichen der Stiftung darüber diskutiert, ob man für die Finanzierung Wahlkampfspenden benutzen könne, die im Sommer 2017 auf einem Konto des AfD-Kreisverbands Bodenseekreis eingegangen waren. Dabei handelte es sich laut Hausberger um jenes Konto, auf dem im Sommer 2017 insgesamt 132 000 Euro einer Schweizer Pharmafirma eingegangen waren. Von diesem Vorhaben nahmen die Beteiligten dann aber Abstand. Die geplante Stiftung brauchte 2017 ein Gründungskapital von 50 000 Euro, um sich überhaupt als Stiftung eintragen lassen zu können.

Weidels Vertrauter Hausberger stand mit dem Stuttgarter Verein offenbar schon länger in Kontakt. Im Sommer 2017 schrieb Hausberger in einer Mail, er habe zuvor "schon mal" für die Stiftung einen Kontakt zu Bendels hergestellt. Damals sei dies über den früheren Bundesvorsitzenden der AfD, Konrad Adam, gelaufen. Adam war zu dem Zeitpunkt Vorsitzender des Stiftungsanwärters und hat den Kontakt zu Bendels schon vor längerer Zeit auf Anfrage eingeräumt. Man habe über mögliche gemeinsame Projekte gesprochen. Heute ist Adam Ehrenvorsitzender der von der Partei benannten parteinahen Stiftung mit dem Namen "Desiderius Erasmus".

Die Kontakte zwischen Verein und Partei bestehen auch an anderer wichtiger Stelle: Aus einer weiteren Mail geht hervor, dass auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Peter Boehringer, im November 2017 offenbar mit Bendels Kontakt hatte. Er schrieb eine E-Mail, aus der hervorgeht, dass Bendels Boehringer um eine Kontaktvermittlung zu einem künftigen Büromitarbeiter Weidels gebeten hatte.

Darin schreibt Boehringer, Bendels stehe "an verschiedenen relevanten Stellen in direktem und indirektem Kontakt mit der AfD und anderen Gleichgesonnenen". Auf Anfrage bestritt Boehringer nicht, diese Mail geschrieben zu haben. Er stellte aber klar, dass es sich bei der E-Mail um einen trivialen Vorgang handele. Bendels sei ihm als Publizist bekannt gewesen und hierauf habe sich der Kontakt beschränkt.

Sollte sich herausstellen, dass es zwischen Partei und Verein enge Absprachen insbesondere in finanziellen Fragen und in Bezug auf Wahlkämpfe gegeben haben sollte, würde die Bundestagsverwaltung der Partei die bisher für sie kostenlose Unterstützung als Parteispende zurechnen.

Die AfD müsste in seinem solchen Fall den Gegenwert, von dem sie profitiert hat, an die Bundestagsverwaltung zahlen, zuzüglich einer möglichen Strafe. Der Verein betont, dass er unabhängig von der AfD sei. "Wir als unabhängiger Verein werden es uns auch künftig nicht nehmen lassen, Wahlempfehlungen auszusprechen. Und die AfD bleibt für uns die einzig wählbare Partei", erklärte der Verein im Sommer angesichts der Klage der AfD.

Alle großen deutschen Parteien sind mit "parteinahen" Stiftungen verbunden. Im Fall der CDU ist dies zum Beispiel die Konrad-Adenauer-Stiftung. Diese Stiftungen werben für die Weltsicht der Partei oder bilden Nachwuchskräfte aus. Die Stiftungen sind auch finanziell interessant, weil sie staatliche Zuschüsse erhalten. Die im Sommer 2017 in der Entstehung begriffene "Desiderius-Erasmus-Stiftung" ist inzwischen als parteinahe Stiftung von der AfD anerkannt.

Weidel kannte potenzielle Geldgeber

Der Aufbau einer parteinahen Stiftung war im Sommer 2017 offenbar eine große Priorität für die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und ihr Umfeld. Weidel kannte potenzielle Geldgeber. Ihr Vertrauter Hausberger schrieb am 4. Juli 2017 in einer E-Mail: "Alice sagte mir eben zu, ein paar Spender an der Hand zu haben, die nicht direkt an die Partei spenden wollen." Hausberger sagte auf Anfrage, er habe Weidel um Hilfe bei der Suche nach Geld für die Stiftung gebeten und Weidel habe zu verstehen geben: "Ja, sie kennt da verschiedene Leute, die angedeutet haben, dass sie ihr gern helfen würden". Allerdings seien diese Überlegungen gescheitert.

Weidel teilte auf Anfrage mit, dass sie sich angesichts der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen sie "zu einzelnen Sachverhalten des betreffenden Themenkomplexes zunächst nur gegenüber den Behörden äußern werde". Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft Konstanz im Zusammenhang mit der Spende aus der Schweiz.

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