AfD:Revolte für die Würde

AfD: Diffamierende Tweeds: Stephan Brandner, Vorsitzender des Rechtsausschusses, sorgt häufig für Empörung.

Diffamierende Tweeds: Stephan Brandner, Vorsitzender des Rechtsausschusses, sorgt häufig für Empörung.

(Foto: Odd Andersen/AFP)

Der Rechtsausschuss des Bundestags will den AfD-Politiker Stephan Brandner abwählen.

Von Jens Schneider, Berlin

Kommenden Mittwoch will die Mehrheit der Abgeordneten im Rechtsausschuss des Bundestages eine Entscheidung umsetzen, wie es sie in der Geschichte des Parlaments noch nicht gegeben hat. Der Vorsitzende des Ausschusses, Stephan Brandner, AfD, soll abgewählt werden. Er sei für sie als Vorsitzender nicht mehr tragbar. Mit zahlreichen "Diffamierungen und Grenzüberschreitungen" habe er das Ansehen und die Arbeit des ganzen Parlaments beschädigt. Es gehe nun darum, "dem Amt des Vorsitzenden des Rechtsausschusses seine Würde zurückzugeben", sagt Jan-Marco Luczak, CDU.

Der 53-jährige Brandner, der aus Herten im Ruhrgebiet stammt, kam 2017 über die Landesliste der Thüringer AfD in den Bundestag. Er war 1997 als Rechtsanwalt nach Gera gezogen. Schon seine Wahl zum Vorsitzenden zu Beginn der Legislaturperiode war umstritten. Brandner hatte in den Jahren zuvor als Abgeordneter im Thüringer Landtag zahlreiche Ordnungsrufe für Entgleisungen kassiert. Im Wahlkampf beleidigte er in Reden Bundesminister wie Heiko Maas sowie die Kanzlerin. Bei seiner Wahl stimmten zwölf Abgeordnete gegen ihn, zwölf enthielten sich. Andere wählten ihn trotz großer Bedenken, weil der Posten der AfD zusteht.

Brandner fiel seither weiter auf, vor allem auf Twitter. Er nutzt das Medium viel und neigt zu Derbheiten. In diesem Herbst löste er Entsetzen bei vielen Abgeordneten aus, als er nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle einen Tweet teilte, in dem ein Twitter-Nutzer fragte: "Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?" Es seien eine "Deutsche, die gern Volksmusik hörte" und ein "Bio-Deutscher" getötet worden.

Brandner wollte die Empörung darüber erst nicht verstehen, entschuldigte sich dann aber im Bundestag. Bald kam der nächste Tweet. Vor einigen Tagen schrieb er eine Twitter-Nachricht über den Sänger Udo Lindenberg, der das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte. Brandner sprach von einem "Judaslohn", Lindenberg hatte kurz vorher Brandners Parteifreund Björn Höcke einen "echten Fascho" genannt.

Widerlich und unwürdig seien Brandners Tweets. "Er spielt ganz bewusst mit antisemitischen Begriffen", sagt der Christdemokrat Luczak. Dagegen nennt Brandner die Vorwürfe absurd, er habe mit dem Begriff "Judaslohn" antisemitische Assoziationen wecken wollen. Er listet Abgeordnete anderer Fraktionen auf, die diesen Begriff vor ihm im Parlament verwendeten, und sendet entsprechende Zitate aus. Seine Fraktion stützt ihn.

Nun hat der Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments entschieden, dass man Vorsitzende abwählen kann. "70 Jahre stellte sich die Frage nicht, doch Brandner hat sich schlicht nicht im Griff", schreibt dazu Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP. Die Abwahl gilt als sicher. Danach sei es Sache der AfD, einen neuen Vorsitzenden zu benennen, erklärt der Christdemokrat Luczak.

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