Verbotsverfahren„Die AfD verachtet die Demokratie“

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Will verhindern, dass mit der AfD „eine in großen Teilen rechtsextreme und völkische Partei“ wieder mächtig wird: Marco Wanderwitz von der CDU.
Will verhindern, dass mit der AfD „eine in großen Teilen rechtsextreme und völkische Partei“ wieder mächtig wird: Marco Wanderwitz von der CDU. (Foto: Kay Nietfeld/DPA)

Dutzende Bundestagsabgeordnete treiben einen AfD-Verbotsantrag nun auch öffentlich voran – und die Zahl der Unterstützer wächst. Überwindet der Druck die Skepsis von Fraktionsspitzen und Behörden?

Von Markus Balser, Roland Preuß, Berlin

Die Gruppe der Bundestagsabgeordneten, die ein AfD-Verbot vorantreiben will, geht nun auch öffentlich in die Offensive. Seit Donnerstagmorgen sucht die Gruppe offiziell Unterstützer im Parlament. Damit nimmt das bislang nur hinter verschlossenen Türen vorangetriebene Projekt Fahrt auf. „Die AfD verachtet die Demokratie und betrachtet und markiert politische Gegner als Feinde“, sagte der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz, auf den die Initiative zurückgeht. „Es gilt zu verhindern, dass nach der furchtbaren Herrschaft der Nationalsozialisten eine in großen Teilen rechtsextreme und völkische Partei in Deutschland wieder mächtig wird“, sagt er. „Blut und Abstammung dürfen nicht, wie es die AfD fordert, über Bürgerrechte entscheiden.“

Hinter dem Antrag stehen zum Start gut drei Dutzend Bundestagsabgeordnete. Angeführt wird die Gruppe neben Wanderwitz von Till Steffen (Grüne), Carmen Wegge (SPD), Martina Renner (Linke) und Stefan Seidler (Südschleswigscher Wählerverband). Ihr Ziel ist es, beim Bundesverfassungsgericht aus dem Bundestag heraus ein Verbot der AfD zu beantragen. Wehrhafte Demokratie bedeute, „rechtzeitig zu handeln“, sagt der Grünen-Innenpolitiker Till Steffen. „Die AfD hat sich für den Weg der Radikalisierung entschieden. Der Antrag ist die Konsequenz daraus.“ Auch Marcel Emmerich, Grünen-Obmann im Innenausschuss, wirbt für den Antrag.

In den Fraktionen der Ampel und der Union überwiegt die Skepsis

Allerdings ist offen, ob der Vorstoß die nötige Mehrheit im Parlament bekommt. Frühestens im November soll darüber im Plenum abgestimmt werden. Bis dahin werde man um Mitstreiter werben, hieß es. Die Fraktionsspitzen von FDP, SPD, Grünen, aber auch von der CDU stehen dem Antrag skeptisch gegenüber und sprechen sich eher für ein koordiniertes, aber längerfristiges Vorgehen von Parlament, Regierung und Ländern aus.

So lange aber wollen die Abgeordneten nicht warten. Die jüngsten Wahlerfolge und das Auftreten der AfD in Thüringen in der ersten Landtagssitzung schaffen Unruhe im Bundestag. Die Zahl der Befürworter des Vorhabens im Bundestag wächst. Inzwischen hofft die Gruppe der Befürworter auf mindestens 100 bis 200 Unterschriften. Es könnten aber auch mehr werden, heißt es. Der Antrag bringe Dynamik in die Verbotsdebatte, ist am Donnerstag zu hören. Auch andere Möglichkeiten, gegen die AfD vorzugehen, würden nun intensiver geprüft.

Ein Sprecher der AfD-Fraktion erklärte auf Anfrage, die Fraktion sehe dem Antrag „gelassen entgegen“. Man sei überzeugt, dass der „durchschaubare Versuch einiger weniger Abgeordneter, die Opposition mit haltlosen Vorwürfen mundtot zu machen, keinen Erfolg haben wird“. Bernd Baumann, der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Bundestag, hatte zuvor die weitere Argumentation der Partei erläutert. „Wir finden das einigermaßen lächerlich“, sagte er am Dienstag. In allen westlichen Ländern gebe es Parteien „mit gleichem Programm praktisch“, sagte er mit Verweis auf Le Pens Rassemblement National in Frankreich und Geert Wilders PVV in Holland. Niemand diskutiere dort auch nur, diese Parteien zu verbieten.

Der Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall ein. Die Landesverbände Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen wurden von den Landesverfassungsschutzbehörden sogar als gesichert rechtsextrem eingestuft. Ein Parteienverbot kann von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Einem solchen Verbot sind hohe Hürden gesetzt. Der AfD müsste in dem Verfahren nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht.

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