Was treibt eigentlich die AfD in den Parlamenten so? Diese nicht ganz unwichtige Frage ist in den vergangenen Wochen ziemlich in den Hintergrund gerückt angesichts der „Elon-Musk-Festspiele“. Darum ist es zu begrüßen, wenn sich Forscherinnen mit der konkreten Arbeit der Partei in Bundestag und Landtagen befassen. Ob es hilfreich ist, das Buch dann „Die Sexbesessenheit der AfD“ zu nennen, sei aber mal dahingestellt.
Dabei geht es der Historikerin Daniela Rüther um ein ernstes und wichtiges Thema. Die AfD spielt von Anfang an die Themen Sexualität, Geschlechtlichkeit, Transsexualität, Gender Studies und nicht zuletzt die Ablehnung der Gender-Sprache sehr offensiv in den Parlamenten – während die Öffentlichkeit vor allem die Themen Migration und „Remigration“ sowie die demokratiezersetzenden Inszenierungen der Partei in Thüringen im Fokus hat. Darum ist es verdienstvoll, die zahllosen Anträge und kleinen Anfragen der AfD zu ihrer „völkisch, nationalen Bevölkerungspolitik“ unter die Lupe zu nehmen und die Plenardebatten dazu auszuleuchten.

Rüthers nicht ganz neue These: Bevölkerungspolitik und Migration sind für die AfD zwei Seiten einer Medaille. Alle Maßnahmen für – natürlich deutsche, traditionelle – Familien werden begründet als Alternative oder Gegenmaßnahme zur „Masseneinwanderung“. Die Anträge dazu werden teils wortgleich und gebetsmühlenartig wiederholt nach dem Motto: Eines Tages wird das schon verfangen, Rüther nennt es treffend „Zermürbungsstrategie“.
Nicht nur die AfD pöbelt gegen den „Gender-Wahn“
Das alles wird in einer Melange aus Analyse, Streitschrift für die Gender Studies und Polemik gegen ein „medienwirksames rechtes Netzwerk“ engagiert vorgetragen, doch die Kürze des Textes ist auch seine Schwäche. Vieles wird nur angerissen, wo Vertiefung nötig wäre. Besonders deutlich wird das beim Kapitel über die Gendersprache. Die AfD ist beileibe nicht die einzige Partei, die gegen gendergerechte Sprache polemisiert, die nicht wenige für ein akademisches Elitenprojekt halten. Wähler aller Parteien sind mehrheitlich dagegen, und das Spektrum der Gender-Kritiker ist weitaus größer als es bei Rüther erscheint.
Darum wird man auch nicht unbedingt folgern können, dass sich konservative Parteien bei diesem Thema ausschließlich von der AfD nach rechts haben treiben lassen. Was aber stimmt, und darum ist das Büchlein am Ende doch lesenswert: Die Polemik gegen „Gender“ hilft der extremen Rechten zwar auch beim Mobilisieren ihrer Anhänger. Aber wie sie erfolgreich versucht, Begriffe wie „Genderwahn“ in öffentlichen Debatten zu verankern, zeigt ihre Anschlussfähigkeit in die Mitte der Gesellschaft. Die Methode heißt „Infosmog, der die Sicht auf die Realitäten vernebeln soll“. Und Smog ist bekanntlich gesundheitsschädlich.