Neue AfD-Spitze:Geschlossen rechts außen

Auf dem AfD-Parteitag in Braunschweig gab es nur deshalb keinen weiteren Rechtsruck, weil die Partei längst an den rechten Rand gerückt ist. Die Hybris und der Hass auf andere Parteien zeigen, wie weit die AfD im politischen Abseits steht.

Kommentar von Jens Schneider

Bescheidenheit gehörte noch nie zu den herausragenden Merkmalen der AfD; nach dem Parteitag von Braunschweig ist eine Art rechter Größenwahn zu diagnostizieren. Die Führung verkündet, dass die Partei regierungsfähig werden soll, als könne sie morgen den Kanzler stellen, wenn sie nur ein wenig professioneller würde. Die in Braunschweig gezeigte Einigkeit soll ein Meilenstein auf dem Weg dahin sein. Richtig daran ist, dass die AfD so glatt eine neue Führung gewählt hat wie nie zuvor in ihrer sechsjährigen Geschichte.

Alles verlief nach den Plänen der AfD-Strippenzieher, zu denen Alexander Gauand wie Björn Höcke zählte. Mit einem unerwartet guten Ergebnis wurde Jörg Meuthen bestätigt, an seine Seite der sächsiche Malermeister Tino Chrupalla als Nachfolger von Alexander Gauland gewählt. Sie wirken wie ein ideales Tandem: der eine aus dem Osten und Handwerker, der andere aus dem Westen und ein nicht allzu tief schürfender Akademiker. Beide können in ihren Reden holzen und beleidigen, aber sich auch moderat geben.

Mit ihrer Wahl zeigte die Partei ein Gespür dafür, wie sie Wähler besser bedienen könnte, die sich eine rechte bürgerliche Partei wünschen. Wähler, die in der AfD eine Projektionsfläche für ihre Sehnsucht nach einer Wiederkehr der CDU von einst suchen, wie sie in den Neunzigern und davor war.

Hybris und Hass auf andere zeigen, wie weit die AfD im politischen Abseits steht

Dieses Bürgertum will Meuthen erreichen, wenn er sich in Braunschweig gemäßigt gibt und verkündet, dass ein Rechtsruck mit ihm nicht zu machen sei. Wer diese Aussage beruhigend findet, muss sehr naiv sein oder möchte einfach nicht genau hinschauen. Tatsächlich gab es in Braunschweig nur deshalb keinen weiteren Rechtsruck, weil die Partei längst geschlossen rechts außen steht. Meuthen und Chrupalla, aber auch Gauland und die zur stellvertretenden Parteichefin gewählte Alice Weidel befinden sich in bestem Einvernehmen mit den Rechten um Höcke. Man stützt und braucht einander und ist sich sehr einig, wenn gegen Menschen gehetzt wird, die nicht zum eigenen Weltbild passen, ob nun wegen ihrer Herkunft oder ihrer Haltung.

Wer da ausbricht, kriegt Probleme. Es ist mehr als eine Randnotiz wert, dass gerade jene mit ihren Bewerbungen um Vize-Posten scheiterten, die sich mal offen gegen Höcke stellten, wie der Berliner AfD-Chef Georg Pazderski. Auch er ist kein moderater Politiker, zählt aber zu den wenigen, die ihre Partei schon mal ernsthaft zur Mäßigung aufforderten. Aber das passt nicht in die geschlossene Denkwelt der AfD, die alle anderen für irregeleitet hält. In dieser Welt muss die AfD nicht über sich selbst nachdenken, sondern nur geduldig warten, bis die CDU keine andere Wahl mehr hat als in ihre Arme zu flüchten. In dieser Welt fragt niemand nach eigenen Inhalten oder warum die Partei seit Monaten in Umfragen stagniert oder gar abrutscht

Als würde das für die Regierungsbeteiligung genügen, wird die Konkurrenz, auch vermeintliche Partner wie die CDU, übel beschimpft. "Verrottet" nannte Gauland sie und sprach doch davon, mit ihr regieren zu müssen, weil man nicht davon ausgehen könne, dass die so verachtete Konkurrenz ganz verschwindet. Das kann man für eine 15-Prozent-Partei putzig finden, von Politikfähigkeit zeugt es nicht. Die Hybris und der Hass auf die anderen zeigen, wie weit im politischen Abseits die AfD steht.

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