AfD-Chef Meuthen:Lieber Brüssel als Berlin

AfD-Parteichef Meuthen will nicht in den Bundestag

Er könne für die AfD auch als Abgeordneter im Europäischen Parlament eine wichtige Aufgabe erfüllen, so Co-Parteichef Jörg Meuthen gegenüber Parteimitgliedern.

(Foto: Christoph Soeder/dpa)

Parteichef Jörg Meuthen will nicht für den Bundestag kandidieren. Das ist eine Vorentscheidung im Machtkampf der Parteiführenden um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl.

Von Markus Balser und Jens Schneider, Berlin

Der Co-Parteichef der AfD, Jörg Meuthen, will zur Bundestagswahl im kommenden Jahr nicht von Brüssel nach Berlin wechseln. Er werde sich nicht um ein Bundestagsmandat bemühen, schrieb Meuthen am Mittwoch an die gut 30 000 Mitglieder der Partei.

Denn er könne der AfD in Brüssel mehr dienen als in Berlin, heißt es in dem Rundschreiben weiter. Meuthen begründete seine Entscheidung darin offiziell mit der Bedeutung seines Mandats im Europäischen Parlament. "Berlin droht, wie andere nationale Hauptstädte auch, immer mehr zu einer Art Filialbetrieb und Befehlsempfängerin der Zentrale Brüssel zu werden", erklärte Meuthen.

Damit ist eine in der Partei mit Spannung erwartete Vorentscheidung im Machtkampf um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl gefallen. In der AfD war darüber spekuliert worden, dass Meuthen versuchen könnte, seiner Rivalin Alice Weidel die Spitzenkandidatur im Landesverband Baden-Württemberg in einer Kampfabstimmung streitig zu machen - und damit auch in Berlin künftig eine wichtigere Rolle zu spielen.

Weidel leitet derzeit die Bundestagsfraktion zusammen mit dem AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland und daneben auch den Landesverband. Den ersten Listenplatz in Baden-Württemberg für die Bundestagswahl reklamiert Weidel deshalb für sich. Zuletzt war erkennbar geworden, dass ein Erfolg für Meuthen bei einer Kampfabstimmung keinesfalls sicher wäre. Intern wird deshalb auch vermutet, dass Meuthen einer direkten Auseinandersetzung mit Weidel in Baden-Württemberg aus Angst vor einer Niederlage aus dem Weg gehen will.

Die Beziehung der Spitzenkräfte gilt ohnehin bereits als stark belastet. Weidel und Gauland hatten Meuthens hartes Vorgehen beim Rauswurf des AfD-Rechtsaußen Andreas Kalbitz aus der Partei zuletzt immer wieder heftig kritisiert.

Meuthen hatte im vergangenen Mai im Parteivorstand über die Annullierung der Mitgliedschaft des früheren Brandenburger AfD-Chefs abstimmen lassen. Eine Mehrheit entschloss sich damals für den Rauswurf. Die Annullierung, die mit rechtsextremen Bezügen in der Vergangenheit von Kalbitz zusammenhängt, wurde inzwischen vom Schiedsgericht der Partei bestätigt. Kalbitz, der eine frühere Mitgliedschaft in der mittlerweile verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend bestreitet, will sich juristisch gegen seinen Rauswurf zur Wehr setzen.

Offen ist, wer die Partei nun als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf 2021 führen wird. Als wahrscheinlich gilt, dass Weidel sich in Stellung bringt. Weder sie noch ihr Co-Fraktionschef Alexander Gauland haben allerdings bislang erklärt, ob sie tatsächlich antreten werden.

Frust und Angst in der Fraktion

Die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag befindet sich nach den Turbulenzen rund um die Auflösung der äußerst rechten Parteiströmung "der Flügel" und den Ausschluss von Kalbitz in schwierigem Fahrwasser. Nach den Wahlerfolgen in ostdeutschen Bundesländern im vergangenen Jahr fuhr die Partei wie zuletzt bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen schlechte Ergebnisse ein. In der Bundestagsfraktion herrscht Frust über das Abschneiden und die Angst vor einem Absturz bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr.

Zu den Problemen der Partei zählt auch der anhaltende Führungsstreit unter den Spitzenkräften. Das AfD-Lager um Meuthen sowie dessen Gegner im Umfeld der Fraktionschefin Weidel und Co-Parteichef Tino Chrupalla stehen sich seit Monaten unversöhnlich gegenüber. Es geht bei den Auseinandersetzungen auch um die künftige Ausrichtung der Partei.

Meuthen will die AfD stärker vom rechtsextremen Lager abgrenzen, zu dem er allerdings selbst lange die Nähe gesucht hat. Meuthen besaß in seinen ersten Jahren als AfD-Chef einen guten Draht zu führenden Vertretern des Rechtsaußen-Flügels. Er leitet die Partei als Co-Chef seit 2015.

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