Landtage:Wo die AfD präsidieren darf

Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft

Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft. Hier gehört ein AfD-Politiker zum Präsidium.

(Foto: dpa)

16 Parlamente, zwei Vizepräsidenten: Fast überall lehnen es andere Parteien ab, AfD-Abgeordnete ins Präsidium zu wählen. Nur Hamburg und Sachsen-Anhalt machen eine Ausnahme.

Von Julian Erbersdobler

Spätestens seit die AfD nicht nur im Bundestag, sondern auch in allen 16 Landtagen sitzt, stellt sich die Frage: Wie reagieren die Parteien? Arrangieren sie sich, oder setzen sie alles daran, die AfD von einflussreichen oder repräsentativen Ämtern fernzuhalten? Die Zwischenbilanz: Nur in zwei Bundesländern gibt es Vizepräsidenten, die der AfD angehören: Hamburg und Sachsen-Anhalt.

Im Landtag in Magdeburg ist Willi Mittelstädt, ein gelernter Betriebsschlosser und Ingenieur für Chemieanlagenbau, 2016 als Vizepräsident gewählt worden. Der heute 71-jährige AfD-Politiker erhielt damals 46 von 81 Stimmen. 32 Abgeordnete stimmten mit Nein, drei Abgeordnete enthielten sich. Anfang September 2016 war Mittelstädt bei der Wahl zum Vize noch gescheitert. Im zweiten Anlauf wurde er vom Parlament gewählt.

Er ist bereits der zweite AfD-Vizepräsident dort. Sein Vorgänger, Daniel Rausch, amtierte jedoch nur knapp zwei Monate; dann trat er zurück - er gab "persönliche Gründe" an. Er galt als überfordert; er leitete exakt eine Landtagssitzung, jedoch nur sieben Minuten lang. Dann übergab er die Aufgabe plötzlich an den Präsidenten von der CDU.

In Hamburg hat der AfD-Politiker Detlef Ehlebracht das Amt des Vizepräsidenten der Bürgerschaft inne. Er ist zugleich Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion; in dieser Eigenschaft ging er im Herbst 2018 öffentlich gegen den extremistischen Flügel der Partei vor. Namens der Fraktion erklärte Ehlebracht, die Einladung des Bezirksvorstands Hamburg-Mitte an den rechtsradikalen früheren Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, "abzulehnen". Es habe dazu "keinerlei Abstimmung mit maßgebenden Gremien des Landesverbands" gegeben.

In anderen Parlamenten wurden und werden die AfD-Kandidaten bei Wahlen verhindert. Manchmal disqualifizieren sie sich auch ausdrücklich, wie in Bayern. Einen Vizepräsidenten im Landtag stellt die AfD nach wie vor nicht, zwei Kandidaten scheiterten wegen Entgleisungen im Wahlkampf. Der erste war Uli Henkel. Der damals vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtete Abgeordnete zog seine Kandidatur für den Posten eines der sechs Landtagsvizepräsidenten zurück. Er hatte sich in einem Videoclip voller Hass über Flüchtlinge aus Afrika geäußert.

Warnung vor der "Auflösung unseres Volkes"

Als Ersatz nominierte die AfD den Abgeordneten Raimund Swoboda aus dem Wahlkreis Neustadt / Aisch-Bad Windsheim. Er bekam aber keine Mehrheit, unter anderem, weil er auf seiner Homepage vor der "Auflösung unseres Volkes" warnte. In der vergangenen Woche erklärte Swoboda seinen Austritt aus der AfD und ihrer Landtagsfraktion; er erklärte sie für zu radikal.

In Hessen schickte die AfD am Donnerstag Karl Hermann Bolldorf als ihren Kandidaten zum Vizepräsidenten des Landtags ins Rennen - ohne Erfolg. Er fiel in drei Wahlgängen durch. Bevor Bolldorf 2016 in die AfD eintrat, war er 44 Jahre für die CDU aktiv. Bereits ein früherer Kandidat hatte nicht die erforderliche Mehrheit erhalten; ihm wurde seine Formulierung vorgeworfen, die Landesregierung "jagen" zu wollen. Der sechste Stellvertreterposten ist daher weiterhin unbesetzt.

Dass das so bleiben wird, zeichnete sich ab: Bis auf die FDP kündigten alle Fraktionen im Wiesbadener Parlament an, den Abgeordneten Bolldorf nicht zu unterstützen - aus grundsätzlichen Erwägungen. "Wir wählen niemanden aus einer Partei, in der Herr Höcke, Herr Gauland oder Frau von Storch das Sagen haben", sagte CDU-Fraktionschef Michael Boddenberg.

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