Den politischen Attacken vom Wochenende schickte die AfD am Montag noch den scharfen Schriftsatz ihrer Anwälte hinterher. Eine Klage und ein Eilantrag gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz erreichte am Morgen das Verwaltungsgericht Köln, dort hat die Behörde ihren Sitz. In dem Schriftstück verlangen die AfD-Anwälte, dass die Behörde die Partei nicht als „gesichert rechtsextremistisch“ einstufen dürfe, sie solle als solche auch nicht beobachtet oder öffentlich benannt werden dürfen. Darüber hinaus sollen die Richter feststellen, dass die Einstufung rechtswidrig war. Diese sei ein „Missbrauch staatlicher Macht zur Bekämpfung und Ausgrenzung der Opposition“, erklärten die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Klage und Eilantrag umfassen 195 Seiten, sie liegen der Süddeutschen Zeitung vor.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am Freitag bekannt gegeben, sie stufe die gesamte AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. Die Partei missachte die Menschenwürde, in ihren Reihen dominiere ein ethnisch-abstammungsmäßiges Volksverständnis, lautete die Begründung. Am Wochenende reagierte die AfD mit der Aufforderung an das Bundesamt, sie müsse die Einstufung und deren Bekanntgabe per Erklärung unterlassen. Frist: Montag, 8 Uhr. Nachdem die Verfassungsschützer dieser Aufforderung nicht nachgekommen waren, reichte die Partei die Klage ein.
Die Partei ging schon öfter gegen Verfassungsschutzbehörden vor
Die schon bisher in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte Partei verfolgt damit weiterhin ihre Linie, gegen Verfassungsschutzbehörden vor Gericht zu ziehen. Aus Sicht der AfD hat das mehrere Vorteile: In der Vergangenheit konnte die Partei gewisse Teilerfolge erzielen. So hatte das Verwaltungsgericht Köln dem Verfassungsschutz in einem sogenannten Hängebeschluss 2021 zwischenzeitlich untersagt, die Partei als Verdachtsfall einzustufen und dies erneut bekanntzugeben.
Später allerdings bestätigten sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Einstufung als Verdachtsfall. Die AfD klagte zudem erfolgreich gegen die Behauptung des Verfassungsschutzes, der rechtsextremistische „Flügel“ in der Partei habe etwa 7000 Mitglieder. Dieser hat sich 2020 formal aufgelöst. Auf solche Entscheidungen verweist die Partei, wenn sie die Verfassungsschützer kritisiert.
Jahrelang wird die AfD nun argumentieren, sie sei gar nicht sicher „gesichert rechtsextremistisch“
Die aktuelle Klage dürfte sich nun jahrelang durch die Instanzen ziehen. Jahre, in denen die AfD argumentieren kann, dass die Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ ja gar nicht sicher sei, weil sie noch von Gerichten überprüft werde. So war das schon bei der letzten Einstufung der Partei als „Verdachtsfall“, einer Art Vorstufe. Die Urteile in der Sache sind nach wie vor nicht rechtskräftig, obwohl das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster bereits im Mai vergangenen Jahres die Einstufung der AfD als Verdachtsfall bestätigt hat. Doch die AfD legte erneut Rechtsmittel ein – und argumentiert ähnlich bei der jüngsten Einstufung: Die Verfassungsschützer hätten die Hochstufung vorgenommen, ohne eine Entscheidung der Justiz über die Einstufung als Verdachtsfall abzuwarten.
Ähnlich verhält es sich bei der Debatte über ein AfD-Verbotsverfahren, die nun wieder aufgekommen ist. Die Einstufung der AfD ist ein politisches Argument, einen Verbotsantrag zu stellen, etwa im Bundestag. Dieser ist allerdings nicht zwingend und mit der Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ der Erfolg eines möglichen Verbotsantrags vor dem Bundesverfassungsgericht keineswegs sicher. Die Verfassungsschützer haben weitere Belege gegen die AfD gesammelt, ob diese für ein Verbot ausreichen würden, müsste Karlsruhe anhand strenger Maßstäbe entscheiden.
Auch hier kann die AfD, falls ein Verbotsantrag gestellt werden sollte, darauf verweisen, dass ja noch nicht einmal die Einstufung als rechtsextremistisch gerichtsfest festgestellt worden sei. Außerdem stellt sich die Frage: Wäre es klug, Gerichtsurteile zur Höherstufung abzuwarten? Ein juristisches Scheitern der Höherstufung würde auch für ein Verbotsverfahren nichts Gutes erwarten lassen, schon allein deshalb, weil sich ein Verbot stark auf die Belege der Verfassungsschützer stützen würde.
Zunächst aber erhofft sich die AfD per Eilantrag einen schnellen Erfolg gegen den Verfassungsschutz. Das Etikett einer gesichert rechtsextremistischen Partei soll verschwinden und, so heißt es in der Klage, das Bundesamt für Verfassungsschutz bei jeder Zuwiderhandlung 10 000 Euro zahlen.