Vor dem Hotel in Berlin-Hohenschönhausen stehen Polizeigitter. Der Zugang zur Feier der AfD in der Hauptstadt ist abgeriegelt, und wer hinein will, muss sich ausweisen. Am Morgen haben linke Demonstranten hier gegen die Rechtspopulisten protestiert. In der Nacht haben Unbekannte Scheiben des Hotels eingeschlagen. Drinnen ist es extrem eng. "Jetzt Ruhe" rufen die Anhänger der AfD als nach den beiden für ihre Partei starken Resultaten im Südwesten Deutschlands Sachsen-Anhalt aufgerufen wird: 21, 5 Prozent, daran können sie sich berauschen. Sprechchöre setzen ein: "AfD!AfD!" Und wenig später: "Merkel muss weg"-Rufe im Stakkato.
Nicht nur in Sachsen-Anhalt, auch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg kam die AfD laut der Prognose der Forschungsgruppe Wahlen vom Abend aus dem Stand auf zweistellige Ergebnisse, ihr Einzug in die drei Landtage im Zuge der Flüchtlingskrise markiert einen politischen Erdrutsch. Erstmals in der Geschichte des Landes ist eine rechtspopulistische Partei nun in der Hälfte der Landtage vertreten.
Die AfD hält sich für etabliert
Die Parteichefin Frauke Petry wertet das als Zeichen, dass die noch vor neun Monaten zerrüttete Partei sich jetzt in Deutschland etabliert habe - auf lange Sicht. Bisher war man nur im Osten und in zwei Stadtstaaten stark, jetzt sieht die AfD sich, nimmt man die Kommunalwahlen in Hessen hinzu, in drei westdeutschen Flächenländern angekommen.
Petry gibt sich inzwischen oft, als wären sie und die Partei unverwundbar. War der AfD denn nicht der Untergang prophezeit worden, als ihr Gründer Bernd Lucke und seine Anhänger die Partei im Juli 2015 verließen? Das sei Wunschdenken gewesen, sagt sie dazu. Und lacht, wenn man sie darauf anspricht, dass es in Teilen der Parteispitze Unmut über ihren Führungsstil gibt und ihre Position in Frage gestellt wird - auch das sei: Wunschdenken.
Ihre Aussagen zum Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge vor einigen Wochen schockierten die Öffentlichkeit, sie verärgerten auch Parteifreunde. Es soll, so hieß es aus der Zentrale, Parteiaustritte gegeben haben. Petry gibt sich unerschüttert. Ihr internes Auftreten wird als sehr misstrauisch beschrieben. Sie nehme Rat nur noch von ihrem Lebensgefährten, dem Europaabgeordneten und NRW-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell an, heißt es aus Vorstandskreisen. Nach außen tut sie, als würden die Konflikte von Intriganten aufgebauscht. Den Erfolg jetzt wird sie als Beleg dafür nehmen, dass ihr Ansehen bei den AfD-Anhängern nicht gelitten habe.
Dieser Wahlsonntag ist für Petry ohnehin nur eine Zwischenstation, in einer Mail an die Mitglieder sprach sie von einem "Countdown": In einem Jahr will Petry mit der Partei in den Bundestag, längst spricht sie davon, dass die AfD regieren solle - 2021 im Bund. Man müsse sich darauf vorbereiten. In der Partei ist das umstritten, aber Petry spekuliert darauf, dass es vielleicht früher so kommen könnte, weil die etablierten Parteien es allein nicht mehr könnten. In der Mail an die AfD-Basis bezeichnete die Parteichefin die Konkurrenz als "Noch-Inhaber" politischer Mehrheiten.