Süddeutsche Zeitung

AfD:Kalbitz gibt Amt als Fraktionschef endgültig auf

Nach einer angeblich verunglückten "Begrüßung", die mit einem Krankenhausaufenthalt seines kommissarischen Nachfolgers endet, zieht der AfD-Mann Konsequenzen. Auch bei seinen Unterstützern schwindet offenbar der Rückhalt.

Von Markus Balser, Berlin

Der umstrittene frühere Brandenburger AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz gibt sein bereits ruhendes Amt nach neuen Vorwürfen endgültig auf. Das bestätigte Kalbitz nach einer Fraktionssitzung der AfD im Potsdamer Landtag. Am Dienstag war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft gegen Kalbitz wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung ermittelt. Der 47-Jährige soll seinen 31-Jährigen Vertreter Dennis Hohloch mit einem Boxschlag in den Fraktionsräumen so verletzt haben, dass ein Krankenhausaufenthalt nötig wurde. Ärzte stellten nach dem gewaltsamen Aufeinandertreffen am 10. August bei Hohloch einen Riss der Milz fest.

Kalbitz hatte Anfang August angekündigt, das Amt in der Potsdamer Landtagsfraktion so lange ruhen zu lassen, wie er aus der Partei ausgeschlossen ist. Das AfD-Bundesschiedsgericht hatte seine Mitgliedschaft Ende Juli für ungültig erklärt, da Kalbitz beim Parteieintritt 2013 verschwiegen haben soll, dass er früher Mitglied der inzwischen verbotenen, rechtsextremen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) gewesen sei. Die HDJ-Mitgliedschaft streitet Kalbitz ab. Am Freitag verhandelt das Berliner Landgericht über seine Klage, mit der er gegen den Ausschluss vorgeht.

Doch nun ist Kalbitz auch sein letztes Amt in Brandenburg dauerhaft los. Über das gewaltsame Aufeinandertreffen existieren nach wie vor sehr unterschiedliche Versionen. Kalbitz habe Hohloch krankenhausreif geschlagen, heißt es im Lager der Kalbitz-Gegner. Seine Vertrauten behaupten dagegen, es habe sich lediglich um eine verunglückte "Begrüßung" gehandelt. Die AfD-Fraktion im Landtag trug zunächst wenig zur Aufklärung bei. Man könne sich zu den Vorgängen nicht äußern, sagt eine Sprecherin und bestätigte, dass Hohloch nicht wieder in der Fraktion gewesen sei.

In der AfD entbrannte am Dienstag heftiger Streit in Foren und über soziale Netzwerke, was den Vorfall und die Rolle von Kalbitz angeht: "Andreas, geh bitte", fordert Kai Laubach, Mitarbeiter der AfD-Fraktion auf Facebook: "Du hättest beinahe Dennis Hohloch fahrlässig getötet. Du verspottest ihn danach noch mir selbst gegenüber als zerbrechliches Weichei." Zur schweren Verletzung kämen auch noch die Beleidigungen hinzu.

Die Vorwürfe gegen Kalbitz schwächen auch das Lager des inzwischen aufgelösten Flügels im seit Monaten laufenden parteiinternen Machtkampf. Co-Parteichef Jörg Meuthen hatte zuletzt die Trennung von Rechtsaußen wie Kalbitz forciert. Nun sagte der Berliner AfD-Fraktionschef Georg Pazderski: Er sei erleichtert, dass sich das Buch Kalbitz endgültig schließe.

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SZ vom 19.08.2020
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