AfDDas internationale Netzwerk eilt zu Hilfe

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Der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl bei einer Parteiveranstaltung zum 1. Mai in Linz.
Der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl bei einer Parteiveranstaltung zum 1. Mai in Linz. (Foto: Christian Bruna/Getty Images)

Prominente Rechtsideologen aus dem Ausland protestieren gegen den Umgang mit der AfD. Das fügt sich gut in die Strategie der Parteiführung.

Von Roland Preuß

„Was zur Hölle ist da los in Deutschland?“, fragte Viktor Orbán am Wochenende auf der Plattform X und versicherte: „Du kannst auf uns zählen, @Alice Weidel!“ Das Ganze garnierte Ungarns Ministerpräsident mit einem Bild, auf dem er Weidel vor deutschen und ungarischen Fahnen die Hand gibt, als sei sie ein Staatsgast.  Parteichefin Weidel verbreitete die Botschaft von Orbán schnell auf sozialen Medien und bedankte sich. Die AfD präsentiert ihre internationalen Unterstützer. Es geht ihr darum, in die Offensive zu kommen, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz am Freitag bekannt gegeben hatte, sie stufe die gesamte AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. Sie missachte die Menschenwürde, in ihren Reihen dominiere ein ethnisch-abstammungsmäßiges Volksverständnis, Deutsche mit Zuwanderungsgeschichte aus muslimischen geprägten Ländern sehe die Partei nicht als gleichwertig an, erklärten die Verfassungsschützer zur Begründung.

Gegen diese vernichtende Beurteilung eilt der AfD nun das internationale Netzwerk aus Rechtspopulisten und Rechtsextremen zu Hilfe, genüsslich geteilt von Weidel und anderen AfD-Leuten. Der Chef der extrem rechten FPÖ, Herbert Kickl, etwa, bestärkte die Erzählung vom politisch angeblich instrumentalisierten Verfassungsschutz, den die AfD seit Jahren verbreitet. Wenn es bei demokratischen Wahlen nicht mehr so klappe und die Bevölkerung sich erlaube, „anderer Meinung zu sein als eine von den Sorgen und Bedürfnissen der eigenen Bürger vollkommen abgekoppelten und ignoranten Politkaste, dann greift das System zu anderen Methoden“, schrieb Kickl. Die Verbindungen von FPÖ und AfD sind seit Langem eng, beide Parteien ticken ideologisch sehr ähnlich, bis hin zu gemeinsam vertretenen Begriffen wie „Remigration“ – ein Wort, das Massenabschiebungen von Zuwanderern akademisch umnebeln soll.

Das Außenministerium verwahrt sich gegen Rubios Kritik

Der Trump-Beauftragte Elon Musk mischte sich über seine Plattform X ebenfalls erneut in die deutsche Debatte ein, speziell zur aufgeflammten Diskussion über ein AfD-Verbotsverfahren. Ein solcher Schritt wäre ein „extremer Angriff auf die Demokratie“, behauptete Musk. Der US-Unternehmer hatte die AfD und speziell Weidel bereits im Bundestagswahlkampf unterstützt, aus einem Gespräch der beiden auf X konnte man unter anderem Weidels historische Erkenntnis mitnehmen, dass Adolf Hitler kein Rechtsextremer, sondern ein Kommunist gewesen sei. Eine Behauptung, der selbst der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland widersprach.

Zuvor hatte bereits US-Außenminister Marco Rubio die Einstufung der AfD als rechtsextrem scharf kritisiert.  Die damit mögliche stärkere Beobachtung der AfD sei „nicht Demokratie“, sondern „verdeckte Tyrannei“, schrieb er auf X. Deutschland müsse seinen Kurs korrigieren, forderte Rubio. Das deutsche Außenministerium widersprach dem Vorwurf und verwies auf das Modell der wehrhaften Demokratie, das die Bundesrepublik nach der Nazi-Herrschaft etabliert hatte.  „Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, dass dem Rechtsextremismus Einhalt geboten werden muss“, antwortete das Ministerium auf Rubio. Die Entscheidung sei das Ergebnis einer gründlichen und unabhängigen Untersuchung zum Schutz von Verfassung und Rechtsstaatlichkeit. „Unabhängige Gerichte werden das letzte Wort haben.“

Auch Rubios Botschaft verbreitete Weidel weiter. Das Vorgehen passt in die Strategie der AfD, den Verfassungsschutz zu diskreditieren. Unter dem früheren AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen hatte es noch den Versuch gegeben, die Äußerungen der eigenen Leute zu mäßigen, der AfD-Abgeordnete und spätere Weidel-Vertraute Roland Hartwig tingelte durch die Partei mit einer Handreichung von 2018, die AfD-Mitgliedern bei Äußerungen Grenzen aufzeigen und damit dem Verfassungsschutz weniger Angriffspunkte liefern sollte. Von dieser Linie allerdings hat sich die AfD-Führung längst verabschiedet. Nun geht es darum, die Glaubwürdigkeit des Verfassungsschutzes zu zerstören, die Behörde darzustellen als Kampfinstrument der politischen Gegner. „Auf Weisung ‚von oben‘ will man uns als politische Konkurrenz & die Meinungsfreiheit ausschalten“, schrieb Weidel in Reaktion auf die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“.

Die Äußerungen aus dem Ausland kommen da wie gerufen. Sie zeigen aus Sicht der AfD: Prominente Politiker, sogar ein Regierungschef, sehen die Sache wie wir, mit ihren Äußerungen erhöhen sie den internationalen Druck auf Verfassungsschutz und Bundesregierung, das Vorgehen zu rechtfertigen. Vor eineinhalb Wochen hatte AfD-Co-Chef Tino Chrupalla noch angekündigt, man werde im Bundestag einen anderen, gemäßigteren Ton anschlagen, um das Ziel zu erreichen, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Von einem gemäßigten Ton oder gar Selbstkritik aber war nach der Entscheidung des Verfassungsschutzes nichts zu hören.

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