Bundestag:AfD bekommt Vorsitz im Innenausschuss

Bundestag

Die AfD prüfe eine Klage gegen die Impfpflicht, sagte Alice Weidel, die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, am Dienstag.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Partei steht zunehmend in der Kritik, die gewaltsamen Corona-Proteste anzufachen - und erhält nun den wichtigen Posten im Bundestag. Die Union zeigt sich empört.

Von Markus Balser und Constanze von Bullion, Berlin

Bei der Verteilung der wichtigen Posten der Ausschussvorsitzenden im Bundestag bahnt sich eine Überraschung an. Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen haben sich darauf geeinigt, dass die AfD den Vorsitz im wichtigen Innenausschuss stellen soll. Der Ausschuss muss sich etwa mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus oder den Sicherheitsbehörden beschäftigen. Die AfD bestätigte die Entscheidung am Dienstag. Sie soll neben dem Innenausschuss auch in den Ausschüssen für Gesundheit und Entwicklung den Vorsitz stellen. Welche Abgeordneten die Posten übernehmen, will die AfD am Freitag entscheiden.

Die Union reagierte mit Empörung auf die Entscheidung. "Es ist ein klares Versagen der anderen Fraktionen, dass man das zugelassen hat", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Zwar stünden auch der AfD Ausschussvorsitze zu, so Dobrindt. Der Innenausschuss sei jedoch ein zu sensibler Bereich.

Die Vorsitzendenposten in den Ausschüssen werden nach der Größe der Fraktionen vergeben. Dies geschieht in mehreren Runden, wobei die Fraktionen nacheinander zugreifen dürfen - die größte zuerst. Der größten Oppositionsfraktion - jetzt die CDU/CSU - steht traditionell der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu. Vor der AfD waren in der ersten Runde noch SPD, Grüne und FDP am Zug. Keine andere Fraktion entschied sich für den Innenausschuss.

Die Impfpflicht für Pflegekräfte sei "eine "unerhörte Grenzüberschreitung"

Bereits am Dienstag wurde klar, dass in der Innen- aber auch in der Gesundheitspolitik neue Konflikte zwischen der AfD und den anderen Fraktionen drohen. Denn die AfD verschärft ihren Kurs gegen Corona-Maßnahmen und behält sich juristische Schritte gegen eine Impfpflicht vor. "Wir prüfen alle juristischen Mittel", sagte Fraktionschefin Alice Weidel mit Blick auf die geplante einrichtungsbezogene Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. Zuvor hatte die AfD-Spitze den Ampel-Parteien bereits im Bundestag Wahlbetrug vorgeworfen. Die Impfpflicht für Pflegekräfte sei "eine "unerhörte Grenzüberschreitung", sagte Weidel.

Die Rechtspopulisten fachen damit erneut Proteste gegen die Corona-Maßnahmen an, die jüngst etwa im sächsischen Grimma eskaliert waren und die Angst vor einer Radikalisierung der Szene geschürt hatten. Die AfD-Spitze distanzierte sich zwar am Dienstag vom Fackelaufmarsch vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). Das Privatleben von Politikern sei eine rote Linie, die nicht überschritten werden dürfe, sagte Fraktions- und Parteichef Tino Chrupalla. Starke Einschränkungen des Demonstrationsrechts durch Corona-Auflagen bezeichnete Chrupalla aber als grundgesetzwidrig.

Behörden weisen der AfD inzwischen eine Mitverantwortung für die Radikalisierung der Corona-Proteste zu. In Thüringen kommt der Partei laut Innenminister Georg Maier (SPD) eine "herausragende Rolle" im Zusammenhang mit den Corona-Protesten zu. Sie könne sogar als "prägend für das gesamte Protestgeschehen bezeichnet werden" und habe auch "zur Radikalisierung der Szene beigetragen".

Im Bundestag werden Forderungen nach härteren Strafen bei eskalierenden Protesten laut. "Wenn etwas ins Extreme abgleitet, ist immer ein Dreischritt aus Repression, Prävention und Integration nötig", sagte Lars Castellucci, der stellvertretende innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, der SZ. Zunächst brauche es "schnelle und spürbare Konsequenzen auf Fehlverhalten", die Polizei müsse durchgreifen. "Natürlich müssen wir auch über eine Erhöhung des Strafmaßes nachdenken", so Castellucci weiter. Daneben fordert der SPD-Politiker aber auch mehr Demokratievermittlung und entsprechende Förderprogramme. Zudem müsse die Gesellschaft mit dem nicht-radikalen Teil der Protestbewegung im Gespräch bleiben.

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