Bundestag:Wo der Zweifel gegen die AfD sitzt

Mariana Harder-Kühnel

Mariana Harder-Kühnel (AfD)

(Foto: Christoph Soeder/dpa)
  • Mariana Harder-Kühnel bewirbt sich erneut um das Amt als Vizepräsidentin des Bundestags. Die AfD-Abgeordnete gilt als moderat.
  • Der Geschäftsordnung zufolge steht der AfD das Amt zu. Viele Abgeordnete aber sehen sich in einem Dilemma.
  • Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, will nicht für Harder-Kühnel stimmen.

Von Jens Schneider, Berlin

Mariana Harder-Kühnel spricht von einem "Zauberwort", es heißt: Enthaltung. Die AfD-Abgeordnete aus Hessen wird sich an diesem Donnerstag im Bundestag in einem weiteren, dritten Wahlgang als Vizepräsidentin des Bundestages bewerben. Um gewählt zu werden, braucht die 44-jährige Juristin, anders als zuvor, nur eine einfache Mehrheit. "Es genügt, wenn es mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt. Enthaltungen zählen nicht", erklärt sie. Also legt sie Abgeordneten anderer Fraktionen die Enthaltung nahe, wenn sie nicht für eine AfD-Kandidatin stimmen wollen. Sie nennt es "den Königsweg".

Tatsächlich stehen viele Abgeordnete vor einem Dilemma. Sie wissen, dass der AfD das Amt eines Vizepräsidenten laut Geschäftsordnung zusteht. Es ist seit Beginn der Legislaturperiode vakant. Damals scheiterte der erste AfD-Kandidat Albrecht Glaser. Begründet wurde die Ablehnung unter Verweis auf Aussagen von ihm zur Religionsfreiheit für Muslime, die als grundgesetzwidrig gewertet wurden. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) forderte die AfD auf, einen konsensfähigen Kandidaten zu nominieren.

Harder-Kühnel bekennt sich zum Grundgesetz

Nach einigen Monaten suchte die AfD Harder-Kühnel aus, die als moderat bekannt ist. Sie betont, dass sie sich "aus tiefer Überzeugung zum Grundgesetz" bekenne. Aber auch sie scheiterte in zwei Wahlgängen deutlich, bekam zuletzt im Dezember 241 Stimmen, 377 Abgeordnete stimmten gegen sie. Das richte sich nicht gegen sie, war zu hören. Vielmehr wollten viele generell keinen Vertreter der AfD wählen. Harder-Kühnel bot den anderen Fraktionen Gespräche an. Inzwischen traf sie Vertreter aller Fraktionen außer der Linken. An ihrer fachlichen Eignung und ihrer Person äußert weiterhin niemand Zweifel.

Ein Signal hat nun CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus gesetzt. Er habe mit Harder-Kühnel gesprochen und wolle sie wählen, erklärte er seiner Fraktion. Aber andere in den Reihen der Union haben grundsätzliche Bedenken. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, teilt auf Nachfrage mit: "Der Vertreterin einer Partei, die Gräueltaten unserer Geschichte verharmlost und unsere Gesellschaft spaltet, kann ich nicht meine Stimme geben." Generelle Ablehnung betonen viele Sozialdemokraten, Grüne und Linke. Die AfD will klagen, falls ihre Kandidatin erneut scheitert. Und sie kündigte an, dann fortan in jeder Sitzungswoche einen neuen Bewerber zur Wahl zu stellen.

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