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Bundesverfassungsgericht:Karlsruher Richter erklären Ausschluss der AfD-nahen Stiftung von Förderung für unzulässig

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Die Partei sieht sich benachteiligt, weil die Desiderius-Erasmus-Stiftung kein Geld bekommt. Nun fordert Karlsruhe ein neues Gesetz zu den Förderkriterien für politische Stiftungen.

Dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) von der staatlichen Förderung ausgeschlossen wurde, ist unzulässig. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe entschieden. Durch den Ausschluss von der Finanzierung sei die Chancengleichheit verletzt worden. Der Grund dafür ist, dass die Kriterien für die Förderung der politischen Stiftungen bisher nicht in einem eigenen Gesetz geregelt sind, wie Vizegerichtspräsidentin Doris König bei der Urteilsverkündung sagte. Das sei bei einer so wesentlichen Frage aber notwendig.

Das Urteil befasst sich nur mit der Finanzierung der DES für das Jahr 2019, AfD-Anträge zu anderen Haushaltsjahren erklärten die Richter für unzulässig. Zum Jahr 2022 soll zu einem späteren Zeitpunkt separat entschieden werden.

Die DES bekam bislang anders als die anderen sechs parteinahen Stiftungen kein Geld aus dem Bundeshaushalt. Die AfD sah sich dadurch indirekt benachteiligt und hatte in Karlsruhe stellvertretend für die DES geklagt. Mit den insgesamt mehr als 650 Millionen Euro im Jahr, die zur Verfügung stehen, finanzieren die Stiftungen von CDU, CSU, SPD, FDP, Grünen und Linken zum Beispiel politische Bildungsarbeit, Auslandsbüros und Studentenstipendien.

Über neuen Passus wird separat entschieden

Das Urteil wurde mit Spannung erwartet, weil die Förderkriterien für die Stiftungen bislang nicht gesetzlich geregelt sind. Als Richtschnur gilt ein Karlsruher Urteil aus dem Jahr 1986. Darin steht, dass sichergestellt sein muss, dass "alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen berücksichtigt" werden. Ein weiterer Anhaltspunkt ist die "wiederholte Vertretung" der entsprechenden Partei im Bundestag. Daran hat sich die Politik seither orientiert, wenn sie das Budget bei den Haushaltsverhandlungen beschlossen hat.

Die AfD war 2021 zum zweiten Mal nach 2017 in den Bundestag eingezogen. Ihre parteinahe DES bekommt aber nach wie vor kein Geld. Denn seit 2022 steht ein neuer Passus im Haushaltsgesetz, der die Zuschüsse an das Bekenntnis zur "freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes" bindet. Dieser Vermerk spielt bei dem AfD-Antrag zum Jahr 2022 eine Rolle, den die Partei erst sehr kurzfristig vor der Verhandlung im Oktober nachgeschoben hatte. König sagte, das werfe neue verfassungsrechtliche Fragen auf, zu denen sich Bundestag und Bundesrat damals nicht ausreichend äußern konnten.

Die Ampelfraktionen SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag bereits vorgenommen, die Finanzierung der Stiftungen rechtlich besser abzusichern. Bisher ist das aber nicht passiert. Organisationen wie die Bürgerbewegung Campact und die Bildungsstätte Anne Frank werfen der Politik vor, das Thema verschleppt zu haben, obwohl von der DES die Gefahr ausgehe, rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft zu verstärken.

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