Süddeutsche Zeitung

AfD: "Das ist kein Anti-Islam-Kurs, das ist ein Anti-Demokratie-Kurs"

Der Islam sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, sagen die AfD-Politiker von Storch und Gauland. Sie ernten dafür viel Kritik - selbst aus der eigenen Partei.

Einen scharfen Anti-Islam-Kurs hat die Alternative für Deutschland am Wochenende angekündigt - und damit scharfe Kritik auf sich gezogen. Der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet wertete die Aussagen als neue Stufe der Radikalisierung. "Wahlkämpfe gegen Religionen und die religiösen Gefühle von Menschen, die hier leben, wären etwas Neues", sagte Laschet der Rhein-Neckar-Zeitung. "Damit würde unser Land gespalten. Es würde auch gegen die Religions- und Glaubensfreiheit verstoßen, die das Grundgesetz garantiert." Die AfD hetze die Menschen auf, sagte Laschet, sie wolle provozieren.

Franz Josef Jung, Beauftragter der Unionsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, sagte der Welt: "Die AfD radikalisiert sich immer mehr. Ihre Positionen zum Islam zeugen von extremistischem Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist." Jungs Pendant in der SPD, Kerstin Griese, warf der AfD vor, "auf hochgefährliche Weise haltlose Vorurteile" zu schüren. Selbstverständlich gebe es "einen Islam, der sich ans Grundgesetz hält". Praktiziert werde dieser von "weit mehr als 90 Prozent der hier lebenden Muslime". Die geforderten Einschränkungen der Religionspraxis hält Griese für verfassungswidrig, denn "die Glaubensfreiheit ist Bestandteil des Grundgesetzes".

Die religionspolitische Sprecherin der Linken, Christine Buchholz, sagte, die AfD vergifte mit "Islamhass" das gesellschaftliche Klima und schüre "Rassismus gegen Muslime". Die Partei, so Buchholz, "wirft geistige Brandsätze und ist so mitverantwortlich für die steigende Zahl an islamfeindlichen Übergriffen und Anschlägen auf Flüchtlingsheime".

Regierungssprecher Steffen Seibert verwies mit Blick auf das geplante Parteiprogramm auf Artikel vier des Grundgesetzes, der die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des Bekenntnisses schützt. "Das gilt", sagte Seibert. Er sehe keinen Anlass, Parteiprogramme, die noch im Entstehen sind, zu kommentieren, erinnerte aber an die Aussage von Kanzlerin Angela Merkel, dass der Islam zu Deutschland gehöre

"Eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert"

Die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch hatte in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung den Islam als "politische Ideologie" bezeichnet, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Von Storch sprach sich dafür aus, Minarette, Muezzins und Vollverschleierung zu verbieten. Zudem müssten Koranschulen und Moscheen schärfer kontrolliert und gegebenenfalls geschlossen werden. Auf ihrem Parteitag in zwei Wochen in Stuttgart solle der Anti-Islam-Kurs im ersten Parteiprogramm der AfD verankert werden. "Es gibt keinen demokratischen Islam, auch nicht in Deutschland", sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Alexander Gauland der SZ.

Scharfe Kritik übte auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland. Der Vorsitzende Aiman Mazyek forderte mehr Aufklärung über die Partei, die auf einer Welle der Islamfeindlichkeit schwimme: "Aufklärung bedeutet zum Beispiel, dass es zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland eine Partei gibt, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht", sagte er bei NDR info.

Die AfD wolle, so Mazyek, eine andere Republik und "eben nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung - sie will sie letztendlich abschaffen. Deshalb ist das, was sie jetzt fordert, nicht ein Islam-Diskurs, sondern das ist grundgesetzwidrig." Nicht der Islam sei nicht grundgesetzkonform, sondern die AfD. "Das ist kein Anti-Islam-Kurs, das ist ein Anti-Demokratie-Kurs."

Selbst aus der eigenen Partei waren kritische Stimmen zu den Äußerungen von Storchs und Gaulands zu hören. So sagte der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge im Deutschlandfunk zu der Aussage, der Islam sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar: "Ich denke nicht, dass sich diese Äußerung jetzt von Frau Storch und von Herrn Gauland in dieser Einfachheit halten lassen wird." Die endgültige Haltung der AfD zu diesem Thema sei auf dem Bundesparteitag in zwei Wochen zu diskutieren. "Ich gehe davon aus, dass es eine differenzierte Positionierung geben wird", so Junge.

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