Süddeutsche Zeitung

CDU und AfD:Arbeiten an der Brandmauer

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Warum Kramp-Karrenbauers harte Attacken auf die AfD längst überfällig waren.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Es hat lange gedauert, aber jetzt hat Annegret Kramp-Karrenbauer endlich zur nötigen Härte im Umgang mit der AfD gefunden. Die AfD sei eine Partei, die zumindest in Teilen "keine klare Linie" zu Rechtsradikalen ziehe, hat die CDU-Chefin gesagt. Die AfD sei deshalb mitverantwortlich für das geistige Klima, in dem der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke ermordet worden sei. Jedes CDU-Mitglied, das von einer Annäherung an die AfD träume, müsse sich fragen lassen, wie es das mit seinem Gewissen vereinbaren könne.

Um all dem Nachdruck zu verleihen, hat sich Kramp-Karrenbauer am Montag von ihrem Bundesvorstand Rückendeckung geben lassen. In der Entschließung der CDU-Granden heißt es: "Wer die AfD unterstützt, muss wissen, dass er damit bewusst auch rechtsradikalen Hass und Hetze, extreme Polarisierung und persönliche Diffamierungen in Kauf nimmt." Die CDU werde "alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen", um Parteimitglieder von Koalitionen mit der AfD abzuhalten.

Es lohnt sich, all das so ausführlich zu zitieren. Denn bisher hat die CDU nicht so deutlich gesprochen.

Zwar gibt es einen Beschluss des letzten Bundesparteitags, in dem Bündnisse mit der AfD ausgeschlossen werden. Und viele Wahlkämpfer, allen voran Mike Mohring in Thüringen und Michael Kretschmer in Sachsen, haben sich glaubwürdig gegen Koalitionen mit den Rechtspopulisten ausgesprochen. Aber aus Sorge davor, AfD-Wähler zu verprellen statt zurückzugewinnen, haben zu viele in der Union darauf verzichtet, die AfD scharf anzugehen.

Außerdem haben sich in den vergangenen Wochen die Stimmen einzelner in der CDU gehäuft, die Löcher in die Brandmauer zur AfD reißen wollen. Der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen gehört zu ihnen. In Sachsen-Anhalt fabulierten die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden sogar davon, es müsse der CDU wieder gelingen, "das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen". Und in Sachsen hatte der CDU-Fraktionschef im vergangenen Jahr Koalitionen mit der AfD zunächst nicht ausschließen wollen. Erst nach heftiger Kritik ruderte er zurück.

Es geht darum sicherzustellen, dass kein Christdemokrat der AfD den Weg in eine Regierung ebnet

Es ist deshalb so überfällig wie richtig, dass Kramp-Karrenbauer die AfD nun in voller Schärfe angreift. Im Herbst wird in drei ostdeutschen Ländern gewählt. Bei der Europawahl wurde die AfD in Brandenburg und Sachsen bereits stärkste Partei, in Thüringen kam sie auf Platz zwei. Die Regierungsbildungen in den drei Ländern dürften schwierig werden. Es geht jetzt darum sicherzustellen, dass kein Christdemokrat der AfD den Weg in eine Regierung ebnet. In der Partei tummeln sich zu viele Rechtsradikale, als dass man sie als normalen Koalitionspartner betrachten könnte.

Allein mit dem Verweis auf den Parteitagsbeschluss hätte Kramp-Karrenbauer den Erhalt der Brandmauer zur AfD sicher nicht garantieren können. Wenn es um die Macht geht, interessieren Parteitagsbeschlüsse oft nicht mehr. Auch die Kanzlerin hat sich übrigens nicht an alle gehalten, siehe Doppelpass. Es ist deshalb gut, dass der CDU-Vorstand jetzt auch mit allen juristischen Mitteln die Einhaltung des Parteitagsbeschlusses gegen Koalitionen mit der AfD durchsetzen will. Und es ist erst recht zu begrüßen, dass die CDU endlich zu einer klaren Sprache gefunden hat. Zeit wurde es.

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Quelle:
SZ vom 25.06.2019
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