Wahl zur Bundestagsvizepräsidentin:AfD-Kandidatin im ersten Wahlgang gescheitert

Bundestag

Mariana Harder-Kühnel gilt innerhalb der AfD als moderat.

(Foto: dpa)
  • Mariana Harder-Kühnel von der AfD wird vorerst nicht Bundestagsvizepräsidentin. Im ersten Wahlgang bekam sie am Donnerstag im Bundestag keine Mehrheit.
  • Die Rechtsanwältin Mariana Harder-Kühnel zählt zu den politisch und im Ton eher moderaten Mitgliedern ihrer Fraktion.
  • zu Beginn der Legislaturperiode hatte die AfD vergeblich versucht, Albrecht Glaser durchzusetzen. Er fiel wegen islamfeindlicher Äußerungen durch.

Von Clara Lipkowski

Bei der Wahl zur Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags ist die AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel im ersten Wahlgang durchgefallen. Die 44-Jährige bekam am Donnerstag nur 223 von 654 abgegebenen Stimmen. 387 Abgeordnete votierten gegen sie. Die Sitzung des Bundestags wurde nach Bekanntgabe des Ergebnisses unterbrochen. Die AfD hat selbst 92 Sitze. Ein zweiter Wahlgang solle im Dezember stattfinden, einen dritten könnte es im Januar geben, kündigte AfD-Fraktionschef Alexander Gauland an.

Die Rechtsanwältin Mariana Harder-Kühnel zählt zu den politisch und im Ton eher moderaten Mitgliedern ihrer Fraktion. Sie möchte keinem Flügel zugerechnet werden. Seit April 2013 ist sie AfD-Mitglied und stammt aus dem hessischen Wahlkreis Main-Kinzig - Wetterau II - Schotten. Im Parlament ist sie Sprecherin des Arbeitskreises Familie, Frauen, Senioren und Jugend sowie stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss. Außerdem gehört sie zu den 62 Schriftführern des Bundestags.

Die parlamentarischen Gepflogenheiten sehen vor, dass jede Fraktion, auch die AfD, einen Stellvertreter für Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) stellen darf. Dem müssen die übrigen Abgeordneten mehrheitlich zustimmen. Bislang ist der Posten vakant, weil der erste Kandidat der AfD, Albrecht Glaser, ebenfalls nicht die nötigen 355 Stimmen bekommen hatte.

Religionsfreiheit für die "privaten Gläubigen"

Anders als Glaser, äußert sich Harder-Kühnel gemäßigt über den Islam in Deutschland. Glaser wollte Muslimen das Grundrecht auf Religionsfreiheit entziehen, weil der Islam seiner Meinung nach keine Religionsfreiheit kenne, sondern eine politische Ideologie sei - mit dem Anspruch, dass die ganze Welt islamisch werden müsse.

Harder-Kühnel widersprach Glaser Anfang November bei ihrer Vorstellung als Kandidatin. Dem "privaten Gläubigen" müsse Religionsfreiheit zugestanden werden, es sei ein Recht, das niemandem entzogen werden könne, sagte sie. Außerdem betonte sie, sie wolle Vizepräsidentin für alle Abgeordneten sein: "Ich möchte ausgleichen und zwischen uns und den anderen Fraktionen vermitteln."

Nach der ersten gescheiterten Wahl zum Bundestagsvize hatte die AfD Glaser und seine Islamkritik verteidigt. Fraktionschef Alexander Gauland sagte damals, die Meinung Glasers über den Islam sei die der gesamten Fraktion. Andere Abgeordnete sprachen von einem "ehrenhaften Kandidaten". Die übrigen Fraktionen sahen das anders und stimmten in drei Wahlgängen mit jeweils mehr als 540 Stimmen gegen Glaser.

Anschließend weigerte sich die AfD lange, einen anderen konsensfähigen Kandidaten zu nominieren. Vertreter der Partei kritisierten, dass es egal sei, wen sie aufstellen würden, nie würde die Person von den anderen Fraktionen gewählt werden - weil sie von der AfD sei.

Dass ein Politiker bei der Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten gescheitert ist, kam zuletzt 2005 vor. Damals verhinderte das Parlament den Kandidaten der PDS, Parteichef Lothar Bisky, in vier Wahlgängen. Er wurde unter anderem wegen früherer Stasi-Kontakte kritisiert.

Derzeit stellen die SPD mit Thomas Oppermann, die CSU mit Hans-Peter Friedrich, die FDP mit Wolfgang Kubicki, die Linke mit Petra Pau und die Grünen mit Claudia Roth Stellvertreter des Bundestagspräsidenten Schäuble. Dessen Aufgabe hat große Bedeutung: Als Repräsentant des Parlaments und damit der Legislative hat er das zweithöchste Amt im Staat inne - er steht formal unter dem Bundespräsidenten, aber über der Bundeskanzlerin und dem Bundesratspräsidenten. Er soll unparteiisch sein, Verhandlungen leiten, die Ordnung im Hause wahren und beim Abschluss wichtiger Verträge mitwirken.

Mit Material der Nachrichtenagentur dpa.

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