Süddeutsche Zeitung

Bundestagsvizepräsidentin:Wer der AfD ihre Rechte verweigert, macht einen Fehler

Die Wahl der AfD-Frau Harder-Kühnel zur Bundestagsvizepräsidentin ist umstritten. Nun müssen die anderen Fraktionen zeigen, dass sie die Spielregeln der Demokratie achten.

Kommentar von Jens Schneider

Ihren Aufstieg verdankt die AfD zu einem großen Teil einem doppelten Spiel mit den Regeln der Demokratie. Einerseits reklamiert die Partei für sich alle Rechte, die ihr von Gesetzes wegen oder nach den Geboten der Fairness zustehen. Wenn ihr diese versagt werden, inszeniert sie sich gern als Opfer. Andererseits überschreiten AfD-Politiker bewusst Grenzen, wenn ihnen eine Provokation nutzen kann. Das ist eine perfide Strategie, die AfD wendet sie im Bundestag immer wieder an, um die anderen Fraktionen vorzuführen. Aber wer ihr deshalb ihre Rechte verweigert, macht einen Fehler.

Die AfD hat laut den Regularien Anspruch darauf, einen Vizepräsidenten im Bundestag zu stellen. Jetzt kandidiert die Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel zum dritten Mal, und die anderen Fraktionen sollten mit ihrer Wahl zeigen, dass sie die Spielregeln der Demokratie als höchstes Gut achten. Sie müssen auch im Umgang mit jenen gelten, die man lieber nicht dabei hätte. Wer diesen Regeln folgt, bewahrt die Stärke der Demokratie.

Es gibt keine Rechtfertigung, diese Kandidatin abzulehnen. Sie ist eine Moderate in den Reihen der Rechten. Ihr ist eine angemessene Amtsführung zuzutrauen. Mit ihrer Wahl würde niemand AfD-Inhalte gutheißen. Sie wäre Ausdruck jener Souveränität, die jedes selbstbewusste Parlament haben sollte.

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Quelle:
SZ vom 04.04.2019/hij
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