Süddeutsche Zeitung

Konfliktregion:Äthiopische Armee soll in Tigray einmarschieren

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Nach Ablauf eines Ultimatums schickt Ministerpräsident Abiy das Militär in die Regionalhauptstadt Mekele. Die Situation droht zu eskalieren.

Die angespannte Situation in Äthiopien droht zu eskalieren. Ministerpräsident Abiy Ahmed hat das Militär angewiesen, in die Hauptstadt der Konfliktregion Tigray, Mekele, einzumarschieren. In einer Mitteilung seines Büros rief er Anwohner auf, im Innern von Gebäuden zu bleiben. "Wir werden die Zivilbevölkerung mit größter Sorgfalt schützen." In den vergangenen Tagen hatte seine Regierung den Einwohnern von Mekele noch gedroht, wenn sie sich nicht von den Anführern der Regionalregierung loslösten, werde es "keine Gnade" geben.

Äthiopiens Regierung hatte vor drei Wochen eine Offensive gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) gestartet, die in der nördlichen Region Tigray an der Macht ist. Derzeit rückt Äthiopiens Armee auf Tigrays Hauptstadt Mekele zu. Abiy stellte den Kräften und Milizen in Tigray am Sonntagabend ein 72-stündiges Ultimatum zur Kapitulation, dass am Mittwochabend ablief.

Es hieß, Tausende Kämpfer von Milizen in Tigray sowie Spezialeinsatzkräfte hätten innerhalb der 72 Stunden kapituliert. Solche Angaben lassen sich kaum unabhängig bestätigen, da die Kommunikation in Tigray seit dem Ausbruch des Konflikts zwischen Bundes- und Regionalregierung am 4. November unterbrochen ist.

Am Dienstag hatte UN-Generalsekretär António Guterres die Konfliktparteien zum Schutz der Zivilbevölkerung aufgerufen. Zudem beschäftige sich der UN-Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen erstmals mit dem Konflikt. Abiy forderte die internationale Gemeinschaft am Mittwoch auf, sich nicht einzumischen. Als souveräner Staat habe Äthiopien das Recht, innerhalb des Landes die Gesetze zu wahren und zu vollstrecken.

UN berichtet von Lebensmittelengpässen

Die Lebensmittel- und Kraftstoffversorgung in Tigray hat inzwischen ein "sehr kritisches" Niveau erreicht, wie die Vereinten Nationen über Nacht in einem neuen Bericht mitteilten. Sprit und Bargeld seien bald nicht mehr verfügbar, mehr als eine Million Menschen seien aus ihren Wohnregionen vertrieben worden und Nahrungsmittel für fast 100 000 Flüchtlinge aus Eritrea würden in einer Woche aufgebraucht sein, so die UN.

Mehr als 600 000 auf monatliche Lebensmittelrationen angewiesene Menschen hätten im November kein Essen erhalten. In Mekele sei der Verkehr immens blockiert; das Welternährungsprogramm WFP bekomme keinen Zugang zu seinem eigenen Lagerhaus, um von dort Lebensmittel auszufahren.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mahnte, wer das Ausliefern von Hilfsmitteln vorsätzlich behindere, der verstoße in dem Konflikt gegen das Völkerrecht. Die internationale Gemeinschaft hat die Seiten zur Deeskalation aufgerufen und an beide appelliert, Dialog zu suchen und humanitäre Hilfe zuzulassen. Abiy wies das aber als internationale "Einmischung" zurück.

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