Ägyptischer Präsident:Mursi legt Amtseid ab

Ägypten hat ein neues Staatsoberhaupt: Vor dem Verfassungsgericht in Kairo legte Mohammed Mursi den Amtseid ab. Er kündigte an, einen "zivilen und modernen Verfassungsstaat" führen zu wollen. Zuvor hatte er bereits betont, dass es während seiner Amtszeit "keine Islamisierung der Staatsinstitutionen" geben werde.

Der neue ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat vor dem Verfassungsgericht in Kairo seinen Amtseid abgelegt. Der Amtsantritt markiere "die Geburt der zweiten Republik", sagte ein Verfassungsrichter bei der Zeremonie am Samstag. Mursi hatte sich bei der Präsidentschaftswahl gegen Ex-Regierungschef Ahmed Schafik durchgesetzt.

Supporters of Egypt's Islamist President-elect Mursi cheer during his speech in Cairo's Tahrir Square

Ägypten hat einen neuen Präsidenten. Schon am Tag vor der offiziellen Vereidigung jubeln Tausende Mohammed Mursi zu.

(Foto: REUTERS)

"Ich schwöre beim allmächtigen Gott, das republikanische System zu wahren, die Verfassung und das Gesetz zu achten, die Interessen des Volkes umfassend zu schützen sowie die Unabhängigkeit der Nation und die Sicherheit des Staatsgebiets zu bewahren", sagte Mursi bei der Zeremonie, die mit zwei Stunden Verspätung begonnen hatte. Verfassungsgerichtspräsident Faruk Soltan wünschte dem neuen Staatschef Erfolg bei seiner "schwierigen Aufgabe".

"Heute hat das ägyptische Volk die Grundlage für ein neues Leben, eine vollständige Freiheit, eine wahre Demokratie gelegt", sagte Mursi im Anschluss an die Vereidigung in einer kurzen Rede. Der Islamist kündigte an, einen "zivilen und modernen Verfassungsstaat" führen zu wollen. Bei einem Treffen mit Zeitungs-Chefredakteuren hatte Mursi am Freitag versprochen, dass es während seiner Amtszeit "keine Islamisierung der Staatsinstitutionen" geben werde.

Der frühere Muslimbruder Mursi wollte seinen Amtseid ursprünglich vor dem Parlament ablegen. Die von den Muslimbrüdern dominierte Volksvertretung wurde vom Obersten Militärrat zuvor aufgelöst, die Muslimbrüder sahen sie jedoch weiter als legitim an. Mursi lenkte im Ringen mit den Militärs schließlich ein.

Dem Militärrat bot er daraufhin die Stirn, als er bereits am Freitagabend vor zehntausenden Anhängern auf dem Tahrir-Platz in Kairo symbolisch seinen Amtseid ablegte. "Ihr seid die Quelle der Macht und der Legitimität", rief er der jubelnden Menge zu. Für "nichts und niemanden" gebe es Platz über dem Willen des Volkes.

An seine Kritiker gewandt, die eine islamistisch geprägte Führung des früheren Muslimbruders fürchten, sagte er: "Ich bin einer von euch." Er werde keinen Unterschied zwischen Anhängern und Gegnern machen. Mursi ist der erste frei gewählte Präsident Ägyptens nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak vor anderthalb Jahren.

Mit Mursi tritt seit sechs Jahrzehnten erstmals ein Mann an die Spitze des Staates, der seine Wurzeln nicht in den Streitkräften hat. Allerdings hat der noch herrschende Militärrat seine Befugnisse kräftig beschnitten. Derzeit gibt es noch keine Verfassung, die die Funktion und die Aufgaben des Staatschefs konkret beschreibt. Die gesetzgebende Gewalt liegt bis zur Neuwahl des aufgelösten und bis dahin von islamistischen Kräften dominierten Parlaments bei der Armeeführung. Damit ist auch nach der Wahl von Mursi das künftige Machtgefüge in Ägypten noch weitgehend unklar.

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