Süddeutsche Zeitung

Ägyptens Ex-Präsident:Staatsanwaltschaft prüft Spionagevorwürfe gegen Mursi

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Sicherheitskräfte halten Ägyptens gestürzten Präsident Mohammed Mursi weiterhin fest - nun vernehmen ihn die Ermittler wegen des Vorwurfs der Spionage und der Anstiftung zum Mord. Die Bildung einer neuen Übergangsregierung gestaltet sich unterdessen schwierig.

Von Sonja Zekri, Kairo

Während ägyptische Ermittler den gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi wegen des Vorwurfs der Spionage verhören, bemüht sich Übergangspremier Hazem al-Beblawi darum, zügig sein Kabinett zu bilden. Am Sonntag hat sich Beblawi mit mindestens fünf Kandidaten für seine Regierung getroffen.

Die Suche ist schwierig, da ein heterogenes Bündnis gegen Mursi zustimmen soll, dem unter anderem auch die ultrakonservativen Salafisten der Nur-Partei (Licht) angehören. Sie tragen die Entmachtung Mursis durch die Armee mit.

Die Muslimbrüder hingegen sprechen von einem "Putsch" und haben in den ersten Tagen des Ramadan - vom Staatsfernsehen weitgehend ignoriert - zu Hunderttausenden demonstriert. Anders als zuvor kam es dabei nicht zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Armee. In den kommenden Tagen wollen die Islamisten ihre Proteste ausweiten.

Unterdessen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Mursi wegen der "Zusammenarbeit mit ausländischen Agenturen zum Zwecke der Schädigung nationaler Interessen, Anstiftung zum Mord an friedlichen Demonstranten, Angriffen gegen Militäreinrichtungen und der Schädigung der Volkswirtschaft", hieß es in Medienberichten. Mehrere Privatpersonen hätten zudem Anzeige gegen Mursi erstattet.

Die Verhöre von Mursi und anderen Funktionären der Muslimbrüder drehten sich hingegen vor allem um die Tage während des Aufstands gegen Machthaber Hosni Mubarak vor zweieinhalb Jahren. Nach dessen Ausbruch war Mursi ebenso wie andere Islamisten festgenommen und in das Wüstengefängnis in Wadi Natrun im Norden gebracht worden, zwei Tage später hatte er aber fliehen können.

Mursi hatte in einem Interview kurz darauf gesagt, er habe mit 30 Mitgliedern der Bruderschaft, darunter sechs Angehörigen des Lenkungsbüros, entkommen können.

Wo Mursi sich aufhält, ist unbekannt

Bereits während seiner Amtszeit als Präsident hatten oppositionelle Medien und die Mursi gegenüber feindlich eingestellte Richterschaft den Vorwurf erhoben, die palästinensische Hamas oder sogar die libanesische Hisbollah sei an dem Gefängnisausbruch beteiligt gewesen. Wo Mursi sich derzeit aufhält, ist unbekannt. Seine Anhänger fordern seine Wiedereinsetzung. Aus Washington und Berlin waren Aufrufe bekannt geworden, Mursi freizulassen.

Auch der einstige geistliche Führer der Muslimbruderschaft, Mahdi Akef, soll nach einer richterlichen Entscheidung in Haft bleiben, während der einstige Parlamentssprecher Saad al-Katatni gegen Kaution freikommt. Beiden wird die Beleidigung der Justiz vorgeworfen, zudem sollen sie unter anderem Schuld sein an den Zusammenstößen vor dem Hauptquartier der Muslimbrüder in Kairo.

Premier Beblawi kündigte an, seine Regierung mit bis zu 30 Ministern solle bereits Mitte der Woche stehen. Der Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei ist am Sonntag als Stellvertreter von Übergangspräsident Adli Mansur vereidigt worden. Damit könnte Ägypten zumindest formal demnächst wieder eine zivile Regierung bekommen.

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Quelle:
SZ vom 15.07.2013
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