Ägypten:Vertrauenskrise am Roten Meer

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Die Flugzeug-Entführung von Alexandria wird dem ägyptischen Tourismus weiter schaden. Das hat sich das Land selbst zuzuschreiben.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Gerade keimte in Ägypten Hoffnung, dass sich der für das Land lebenswichtige Tourismus wieder erholen könnte. Die Terror-Miliz Islamischer Staat hatte im Oktober einen russischen Ferienflieger über dem Sinai vom Himmel gebombt und 224 Menschen getötet. Die Regierung investiert nun Millionen in Werbekampagnen; mit Bildern von Traumständen und antiken Monumenten will sie die Bedrohung durch Terrorismus und die politische Repression vergessen machen.

Zugleich arbeitet sie allerdings auch daran, mit ausländischen Experten die Sicherheit an den Flughäfen tatsächlich zu verbessern. Erst wenn sie zufrieden sind mit den Kontrollen, werden wieder Charterflieger mit Urlaubern aus Russland und Großbritannien kommen, den beiden wichtigsten Gästegruppen, sowie andere europäische Touristen. Die Flugzeugentführung stellt nun alles wieder infrage.

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Von Paul-Anton Krüger

Offenbar trug der Hijacker keine Sprengstoffweste, wie er vorgab, sondern nur eine Attrappe, zusammengebastelt aus Handy-Hüllen und Kabeln. Einen labilen Psychopaten aber, der behauptet, ein Bomber zu sein, können auch die besten Sensoren nicht stoppen. Allerdings sind die Kontrollen auf Inlandsflügen in Ägypten weiter lax. Es werden jetzt Schuhe durch den Scanner geschoben, doch Wasserflaschen oder andere verbotene Gegenstände im Handgepäck fallen oft keinem auf; gelangweilte Sicherheitsbeamte schauen vielerorts auf den Bildschirm ihres Handys statt auf den Monitor ihrer Maschinen. Das bleibt Terroristen nicht lange verborgen.

Touristen bleiben fern, die größte Devisenquelle trocknet aus

Ein Mann verlässt das entführte Flugzeug in Zypern - vermutlich ist es der inzwischen festgenommene Geiselnehmer. (Foto: AFP)

Den Piloten wie den Behörden in Zypern blieb nichts anderes übrig, als die Drohung ernst zu nehmen. Immerhin, sie konnten die Entführung unblutig beenden. Der Schaden aber ist angerichtet, das Vertrauen bleibt erschüttert. Die Wahrnehmung von Gefahr und Sicherheit folgt nicht allein rationalen Argumenten.

In Ägypten kommt erschwerend hinzu, dass sich die Regierung bei der Aufklärung des Attentats auf den russischen Ferienflieger grotesk windet. Während Russlands Geheimdienst nach Untersuchung der Wrackteile weiß, unter welchem Sitz die Bombe gezündet wurde, beharrt die von Ägypten geleitete Untersuchungskommission darauf, es gebe keine Hinweise auf einen Anschlag. Präsident Abdel Fattah al-Sisi sinniert ungeachtet dessen über die Motive jener, die den Flieger zum Absturz gebracht hätten - ein Eingeständnis, dass es Terror war. Konkrete Ermittlungsergebnisse? Transparenz? Glaubhafter Wille zur Aufklärung: Fehlanzeige.

So stehen Hotels am Roten Meer weithin leer, weder im Tal der Könige noch an den Pyramiden müssen Touristen Schlange stehen. Ägyptens wichtigste Devisenquelle trocknet aus, ebenso die zweite, der Suez-Kanal, den immer mehr Schiffe ob des billigen Öls umfahren. Die Wirtschaftskrise verschärft sich, die Wachstumserwartungen wurden nach unten korrigiert, die Währung massiv abgewertet. Das befeuert die Inflation und verteuert die Importe. Urlaub in Ägypten wird dadurch zwar noch billiger, aber das lockt kaum noch Gäste.

© SZ vom 30.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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