Ägypten: Proteste eskalieren:Systematische Folter, gefälschte Wahlen

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Die Bürger des bevölkerungsreichsten arabischen Landes gelten als lethargisch, wenn es um Widerstand gegen das Regime des autoritär regierenden Mubarak geht. Jede Opposition, ob von demokratischen Kräften oder von Islamisten, wird unterdrückt. Es wird systematisch gefoltert. Wahlen werden gefälscht. Bei der jüngsten Parlamentswahl will die regierende Nationaldemokratische Partei NDP rund 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben.

Die Muslimbrüder, die im letzten Parlament ein Fünftel der Sitze hatten, zogen sich mit den meisten anderen Oppositionsparteien im zweiten Wahlgang zurück. Kein Ägypter erwartet, dass es bei der nächsten Präsidentschaftswahl sauberer zugehen wird. Entweder es tritt der 82-jährige Mubarak erneut an. Oder er bereitet seinem 46 Jahre alten Sohn Gamal, einem wichtigen Mann in der NDP, den Weg zur Macht.

Doch jetzt gibt es Aufruhr. Nicht, dass der Mubarak-Staat deshalb gleich zusammenbrechen würde: Ägyptens Verhältnisse lassen sich nur in Maßen mit denen in Tunesien vergleichen. Polizei und Geheimdienst sind stark. Die Armee steht offenbar hinter dem früheren Luftwaffenoffizier Mubarak. Sie hat schon in den 70er Jahren Brot-Unruhen unterdrückt. Aber dass die Ägypter auf die Straße gehen, muss das Regime beunruhigen. Innenminister Habib el-Adly hat angekündigt, dass er weitere Proteste nicht dulden werde. Auch vor den Demonstrationen am Dienstag hatte er mit der Zerschlagung der "illegalen Proteste" gedroht.

Vor kurzem ging in Kairo ein Witz um: Der Oppositionelle Mohammed ElBaradei habe zum Wechsel in Ägypten aufgerufen - leider hätten nur die Tunesier reagiert, nicht die Ägypter. Nun haben die Ägypter offenbar doch etwas zu sagen: Auch am Mittwoch kam es wieder zu Demonstrationen, und die Polizei antwortete erneut mit roher Gewalt: Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden in Kairo ein Demonstrant und ein Polizist getötet. In der Hafenstadt Suez setzten Demonstranten ein Gebäude der Stadtverwaltung teilweise in Brand, mindestens 70 Menschen wurden verletzt.

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