Ägypten:Muslimbrüder rufen zu täglichen Protesten auf

Die Lage in Ägypten eskaliert: Zehntausende Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi gehen am "Freitag der Wut" auf die Straße, es kommt zu blutigen Straßenschlachten. Allein in Kairo soll es Dutzende Tote geben. Die Muslimbrüder rufen dazu auf, ab jetzt täglich zu demonstrieren.

Der Newsblog in der Nachlese

Ägypten kommt nicht zur Ruhe. Die Muslimbrüder haben zu neuen Protesten gegen das Militär und die Übergangsregierung aufgerufen, am Freitag kamen bei Ausschreitungen im ganzen Land Dutzende Menschen ums Leben. Wie andere europäische Länder rät auch Deutschland jetzt von Reisen in das nordafrikanische Land ab.

  • Aufruf zu täglichen Protesten: Am Abend ruft ein Zusammenschluss ägyptischer Islamisten zum vorläufigen Ende der Proteste auf. Die Kundgebungen von Unterstützern des durch die Armee entmachteten Staatschefs Mohammed Mursi gegen die Militärführung sollten mit dem Abendgebet enden, teilten die Islamisten mit. Zugleich forderte die Muslimbruderschaft, ab sofort täglich zu demonstrieren.
  • Dutzende Tote: Die Proteste am "Freitag der Wut" in Ägypten sind eskaliert. Nach dem Freitagsgebet. Es kam in mehreren Städten zu Straßenschlachten, bei denen nach Medienberichten Dutzende Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Die meisten Opfer habe es am Rande der zentralen Kundgebung am Ramses-Platz in der Innenstadt von Kairo gegeben, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Der Muslimbruderschaft zufolge erschoss die Polizei hier 45 Demonstranten. Beamte des Innenministeriums erklärten hingegen, Dutzende Demonstranten hätten die nahe gelegene Ezbekija-Polizeistation attackiert. Daraufhin sei ein Gefecht mit Feuerwaffen auf beiden Seiten entbrannt, bei dem mehrere unbeteiligte Zivilisten getötet worden seien. Der Agentur Reuters zufolge kamen am Freitag allein in Kairo etwa 50 Menschen ums Leben, wie es mit Berufung auf "offizielle Angaben" heißt. Zehn Menschen starben, als sich die Polizei in der Provinz Kafr al-Scheich Islamisten entgegenstellte, die das Gouverneursgebäude und eine Polizeistation stürmten. Vier Demonstranten wurden in der Stadt Ismailija von der Polizei erschossen. Fünf Tote und 15 Verletzte zählte die Polizei in der Stadt Damietta, wo Anhänger von Ex-Präsident Mohammed Mursi ebenfalls eine Polizeistation angriffen.
  • Ashton gibt Übergangsregierung die Hauptschuld: Die Hauptverantwortung für die Gewalt in Ägypten liegt nach Ansicht der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton bei der Übergangsregierung. Dies berichtet Reuters. Sie habe die Mitgliedstaaten gebeten, über Reaktionen zu beraten. Ashton berief ein Treffen von Botschaftern der 28 EU-Mitgliedsstaaten für Montag in Brüssel ein. Dabei soll die Antwort auf das Blutvergießen in Ägypten abgestimmt werden. Zugleich soll eine mögliche Sondersitzung der EU-Außenminister vorbereitet werden. Die Bundesregierung hat 25 Millionen Euro Fördergelder für das arabische Land eingefroren. Kanzlerin Angela Merkel kündigte nach einem Telefonat mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande an, die Beziehungen zu Ägypten auf nationaler und EU-Ebene grundsätzlich auf den Prüfstand stellen zu wollen.
  • Reisen nach Ägypten abgesagt: Deutsche Reisekonzerne streichen nach den Gewaltausbrüchen vorerst alle Reisen nach Ägypten. TUI, Thomas Cook, DER Touristik und Alltours sagten am Freitag sämtliche Urlaubsreisen nach Ägypten bis einschließlich 15. September ab. Mit den Annullierungen reagieren die Unternehmen auf die neue Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes, das von Reisen in das Land abrät - auch in die Urlaubsgebiete am Roten Meer. Kunden, deren Reise bevorstehe, könnten auf andere Ziele umbuchen, teilten die Unternehmen mit. Auch in Russland wurde der Verkauf von Touristenreisen nach Ägypten gestoppt, Reiseveranstalter aus Dänemark, Schweden und Norwegen holen ihre Urlauber zurück. Die USA haben am Donnerstag auch ihre in Ägypten lebenden Bürger zum Verlassen des Landes aufgerufen.
  • Auslöser der Proteste: Polizei und Armee haben am Mittwoch zwei Protestlager von Islamisten gewaltsam geräumt. Es gab mehr als 600 Tote und Tausende Verletzte. Die Demonstranten hatten mehrere Wochen zwei Plätze in Kairo besetzt. Sie fordern, dass der frei gewählte und Anfang Juli vom Militär gestürzte Präsident Mohammed Mursi wieder eingesetzt wird.
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