Ägypten: Mubarak-Prozess:Exempel auf der Tragbahre

Es ist ein historisches Ereignis: Erstmals wird einem arabischen Autokraten im eigenen Land der Prozess gemacht. Dass der ägyptische Ex-Präsident Mubarak sich als reuiger Sünder geben würde, damit hatte gewiss niemand gerechnet - doch er zeigte eine verblüffende Präsenz. Das Gericht wird seine bedeutende Aufgabe aber nur erfüllen, wenn es jetzt mutig ist.

Christiane Schlötzer

Das war zu erwarten: "Nicht schuldig", sprach Hosni Mubarak. Und zwar in allen Punkten. Dass der ehemalige Staatschef sich vor Gericht als reuiger Sünder geben würde, damit hatten gewiss weder seine Gegner noch seine Anhänger gerechnet.

First day of former Egyptian President Hosni Mubarak trial

Die Ägypter verfolgten in Kairo den Prozess gegen den Ex-Präsidenten Mubarak vor riesigen Bildschirmen.

(Foto: dpa)

Womit der 83-Jährige in seinem Gittergefängnis im Gerichtssaal aber verblüffte, war eine trotz des Auftritts auf der Tragbahre erstaunliche Präsenz. Mubaraks Anwälte hatten zuvor den Eindruck erweckt, der Mann sei schwer krank und außerdem depressiv. Der erste Prozesstag gab eine andere Impression: Mubarak wirkte durchaus verhandlungsfähig. Nicht nur für Ägypten ist dies eine gute Nachricht.

Denn dieser Prozess ist ein historisches Ereignis. Erstmals wird einem von seinem Volk aus dem Amt gejagten arabischen Autokraten im eigenen Land der Prozess gemacht. Es geht um die schlimmsten Verbrechen, die ein Herrscher seinen Landsleuten antun kann: Mord und Raub.

Mubarak soll während der Revolutionstage im Januar die Gewalt gegen die Demokratiebewegung befohlen haben. Und das Familienunternehmen Mubarak - mitangeklagt sind die Söhne Gamal und Alaa - soll aus schierer Gier die staatlichen Ressourcen geplündert haben. Gewalt und Korruption sind die Grundübel aller Despotien. Der Prozess gegen Mubarak - unvorstellbar noch vor nur einem halben Jahr - ist damit ein Markstein des Wandels.

Das Gericht wird seine historische Aufgabe aber nur erfüllen, wenn es ihm gelingt, die jüngste Geschichte Ägyptens schonungslos aufzuarbeiten. Mubaraks Anwalt hat nun schon den amtierenden Militärmachthaber Tantawi als Zeugen benannt. Da wird sich bald zeigen, wie mutig das Gericht ist.

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