Ägypten: Hussein Tantawi:"Mubaraks Pudel" tritt nach vorn

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Er soll in Ägypten den Übergang zu freien und demokratischen Wahlen moderieren: Hussein Tantawi, Feldmarschall und Oberkommandierender der Streitkräfte, steht an der Spitze der neuen Militärregierung. Er gilt als enger Vertrauter Mubaraks.

Sonja Zekri

Am Ende hat die Geschichte Hussein Tantawi dorthin gedrängt, wohin er nie wollte: an die Spitze einer ägyptischen Militärregierung. Mit dem Rücktritt des verhassten Präsidenten Hosni Mubarak endet das erste, atemberaubende Kapitel des Völkerfrühlings am Nil. Ob die Fortsetzung ähnlich glanzvoll, ähnlich friedlich wird, liegt nun in den Händen Hussein Tantawis, des Verteidigungsministers, der an der Spitze eines bislang vage definierten "Militärrates" den Übergang zu freien und demokratischen Wahlen moderieren soll - und der auch ein Ende des Ausnahmezustandes in Aussicht gestellt hat.

Hussein Tantawi mit US-Verteidigungsminister Robert Gates: Geheimdepeschen der US-Botschaft bezeichnen den General als "Mubaraks Pudel". (Foto: AO)

Tage-, ja, wochenlang hatte sich die Armee unter seiner Führung eine Neutralität verordnet, die an Selbstlähmung grenzte. Wo die unteren und mittleren Ränge mit den Aufrührern auf dem Tahrir-Platz sympathisierten, drohte jede Loyalitätsbezeugung für den Aufstand oder, wie es wohl mancher wohlgenährte General gern gesehen hätte, für Mubarak, zur Zerreißprobe zu werden. So wurden die Erklärungen der Armee zu Kunstwerken der Aussparungen, die den aufständischen Ägyptern Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Forderungen versprachen, ohne klar mit Mubarak zu brechen.

Tantawi, der mit seinen 75 Jahren nicht nennenswert jünger als der hochbetagte Mubarak aussieht, schien diesen Zwiespalt prototypisch zu verkörpern. Geboren in der Deltastadt Tanta ist Hussein Tantawi seit mehr als 50 Jahren Soldat. Er kämpfte als Soldat, später als Infanterieoffizier im Suez-Krieg 1956 gegen Frankreich, England und Israel, im verlorenen Sechs-Tage-Krieg 1967 und im glorreichen Jom-Kippur-Krieg 1973 gegen Israel.

1991 wurde er Verteidigungsminister - und blieb als einer der wenigen Minister im Amt, als Mubarak die Revolte durch eine umfassende Kabinettsumbildung zu beschwichtigen suchte, ja, Mubarak machte ihn sogar zu seinem Vizepremier. Hussein Tantawi, Feldmarschall und Oberkommandierender der Streitkräfte, gilt nicht nur als Getreuer Mubaraks, in den Geheimdepeschen der US-Botschaft firmiert er sogar als "Mubaraks Pudel".

Im Lande hingegen, das seit dem Ende der Monarchie nur von Offizieren regiert wurde, galt er als einer der Mächtigsten, vor allem aber als Protagonist eines zusehends auch wirtschaftlich mächtigen Militärapparats: Tantawi war zugleich Minister für die Produktion von Militärgütern. Entsprechend zurückhaltend verhielt er sich in den vergangenen Wochen des Aufruhrs.

Am Freitag vor einer Woche, dem "Tag der Abreise", ließ er sich zu einem Besuch auf dem Tahrir-Platz in Begleitung einiger Generäle herab, um die Demonstranten im Guten zum Aufgeben zu bewegen. Umsonst. Zuvor hatte man ihn bei Panzergrenadieren vor dem Fernsehgebäude gesehen, die er väterlich tätschelte - ein seltener Versuch des sonst so kalten und arroganten Feldmarschalls, mit den unteren Rängen zu fraternisieren und die Reihen zu schließen.

Zwischendurch galt Hussein Tantawi sogar als möglicher Kandidat für das Präsidentenamt, doch erschien fraglich, ob die Armee ihn tragen würde. Nun, in der Schicksalsstunde seines Landes, kann er sich beweisen.

© SZ vom 12.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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